Stan Wawrinka hat die Erlösung verpasst: Der Lausanner (ATP 72) stand am Sonntagabend im kroatischen Umag erstmals seit 2019 wieder in einem ATP-Final, unterlag jedoch Alexei Popyrin (ATP 90) auf bittere Art und Weise in 3 Sätzen mit 7:6 (7:5), 3:6, 4:6.
Nach rund zweieinhalb Stunden und dem verwandelten Matchball Popyrins stand Wawrinka die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Der 38-Jährige war auf gutem Weg gewesen zu seinem langersehnten 17. ATP-Titel. Den letzten hatte er 2017 in Genf geholt. Was danach folgte, waren Operationen am Knie und am Fuss sowie Rückenprobleme, die dem Romand in den letzten Jahren das Leben und das Tennisspielen schwer machten.
Popyrin mit aggressiven Returns
Im Final im Goran-Ivanisevic-Stadion hatte er im Generationenduell gegen den 23-jährigen Popyrin früh zu kämpfen. Schon im Startsatz musste Wawrinka seine ganze Qualität auf den Court bringen. Der australische Aufschlagspezialist nahm ihm bereits bei seinem 2. Aufschlagspiel den Service ab, doch mit dem Rücken zur Wand gelang dem Schweizer das Rebreak zum 5:5, just als sein Gegner zum Satzgewinn servierte.
Es ging ins Tiebreak, wo der 38-Jährige nach zum Teil fantastischen Ballwechseln seinen 1. Satzball am Netz vorne zum 7:5 nutzte.
Der 2. Durchgang begann ähnlich wie der 1., und Wawrinka lag rasch wieder mit Break zurück. Popyrin fand so richtig in sein Spiel und kam mit 6:3 zum 1:1-Ausgleich. Für die Nummer 6 der Turnier-Setzliste war es der 1. Satzverlust am Turnier in Kroatien – ein böses Omen, wie sich später zeigen sollte.
Im Entscheidungssatz gelang – natürlich – Popyrin rasch der 1. Servicedurchbruch, Wawrinka kam mit den aggressiven Returns des 23-Jährigen erneut nicht zurecht. Trotzdem liess sich der dreifache Grand-Slam-Champion nicht verunsichern: Diesmal konterte er sogleich und behielt auch danach die Oberhand. Beim Stand von 3:2 war er nahe am nächsten Break, doch nach mehreren Ballwechseln über Einstand brachte der Australier, der sich wegen Problemen am rechten Oberschenkel behandeln lassen musste, seinen Aufschlag durch.
«Ich weiss, es ist blöd, zu weinen»
In der Schlussphase zog der Schweizer dann im ungünstigsten Moment eine kleine Schwächephase ein. Mit einem Doppelfehler schenkte er beim Stand von 4:4 seinem Gegner 3 Breakchancen, wovon Popyrin die 2. mit einem Stoppball clever zu nutzen wusste.
Der 23-Jährige konnte zum Match aufschlagen, liess Wawrinka nicht mehr ins Spiel kommen und feierte so den 2. Turniersieg seiner Karriere. Für den Lausanner geht das Warten auf den erlösenden 17. Titel dagegen weiter. Mit einem Sieg wäre er zum drittältesten ATP-Turniersieger der Historie avanciert (nach dem 44-jährigen Pancho Gonzales im Jahr 1972 und dem 43-jährigen Ken Rosewall im 1977) – vor Roger Federer, der bei seinem letzten Triumph in Basel 2019 zwei Monate jünger war.
«Ich weiss, es ist blöd, zu weinen, aber ich liebe diesen Sport so sehr», sagte ein emotionaler Wawrinka danach. «Ich sehe euch nächstes Jahr», fügte er hinzu. Der Romand wird weiterkämpfen, um sich den Traum des 17. Titels erfüllen zu können. Das Turnier in Umag, wo er einst 2006 seinen allerersten Sieg geholt hatte, lieferte dem ehemaligen Weltranglisten-Dritten die Gewissheit, noch dazu imstande zu sein.