Die Temperaturen in der Halle von Swiss Tennis sind durchaus angenehm, und doch erscheint Bianca Andreescu mit Mütze bei der offiziellen Auslosung. Vorne prangt gross ein «Maple Leaf», das Ahornblatt Kanadas. Spielen kann Andreescu zwar (noch) nicht, dennoch ist sie mit dem kanadischen Fed-Cup-Team nach Biel gereist. Für sie Ehrensache.
Von Null auf Hundert
So stolz Andreescu ist, ihre Farben zu vertreten, so stolz ist das Land auf sie. Sie als «Senkrechtstarterin» zu bezeichnen, wird ihr fast nicht gerecht, so beeindruckend waren ihre Leistungen in der vergangenen Saison: Sieg in Indian Wells, Sieg in Toronto, Sieg bei den US Open. Damit verbunden der kometenhafte Aufstieg auf Platz 5 der Weltrangliste.
«2019 war einfach nur verrückt», blickt Andreescu zurück. Mit erst 19 Jahren habe sie Ziele erreicht, von denen sie kaum zu träumen gewagt hatte. Mit ihrem Sieg bei den US Open trat sie in Kanada eine riesige Euphoriewelle los.
So schön das Ganze zu Beginn war, so überwältigend wurde es irgendwann.
«Es war wohl das erste Mal in der Geschichte, dass die ganze Nation Tennis geschaut hat», erklärt Tom Tebbutt, der das kanadische Tennis seit über 40 Jahren als Journalist begleitet.
Die Ovationen und Ehrungen nahmen in der Folge kein Ende. «Bianca war in allen renommierten Talk-Shows zu Gast und es wurde gar eine Strasse nach ihr benannt», so Tebbutt. Bei der grossen «Homecoming Party» wurde Andreescu von Premierminister Justin Trudeau persönlich in Empfang genommen.
Die Feierlichkeiten blieben nicht ohne Folgen. «So schön das Ganze zu Beginn war, so überwältigend wurde es irgendwann. Ich habe deshalb versucht, mich etwas zurückzuziehen», gesteht Andreescu.
Immer wieder verletzt
Aufgrund zahlreicher Blessuren (Schulter- und Knieprobleme) hat die junge Frau aus Toronto im letzten Jahr nur 7 Turniere zu Ende gespielt, seit Oktober hat sie keine Partie mehr bestritten. Das Interesse an ihr ist aber nicht etwa abgeflacht. «Ich muss gestehen: Ich bin schon überrascht, dass es immer noch anhält», schmunzelt Andreescu.
In Biel schlüpft die Kanadierin vorerst, wenn auch ungewollt, in die Rolle der Zuschauerin. Dass sie trotzdem im Zentrum des Interesses steht, damit hat Andreescu gelernt umzugehen. Schliesslich könne sie diese Aufmerksamkeit auch dazu nutzen, Kinder zum Tennisspielen zu bringen. Denn: «Es ist ein wunderbarer Sport.»
Sendebezug: SRF zwei, sportaktuell, 5.2.20, 22:20 Uhr