Es ist ein spezieller Tag. Ein einmaliger Tag. Oder um sich des Wimbledon-Jargons zu bedienen: ein heiliger Tag der Tennissaison. Der spielfreie Sonntag, der «Middle Sunday», ist der einzige geplante freie Tag während eines der 4 Grand Slams. Oder besser gesagt: er war.
Denn auf diesen Luxus wird man in Zukunft auch an der Church Road verzichten. Nachdem Wimbledon gezwungen war, seine Veranstaltung für 2020 aufgrund der Pandemie abzusagen, entschieden sich die Veranstalter, dass das Turnier auch ohne den mittleren Sonntag auskommen kann.
Die Chance, an diesem Tag Tickets zu verkaufen und Live-Matches im Fernsehen zu zeigen, war zu verlockend. Wimbledon 2021 bedeutet also auch: Letztmals am Sonntag durchschnaufen. Letztmals Zeit für die Athleten, sich zu erholen. Letztmals Zeit, um die Anlage zu pflegen.
Auch das geistige Gegenstück des spielfreien Sonntags, der «Manic Monday», wird ab nächstem Jahr der Vergangenheit angehören. Anstatt alle 16 Spiele der Achtelfinals am Montag auszutragen, werden diese neu auf 2 Tage verteilt.
Der Schritt markiert das Ende eines langen Tauziehens zwischen Kapitalismus und christlichem Ritual in Wimbledon. Von 1877 bis 1982 wurde bei dem Turnier an keinem Sonntag gespielt. Der Männereinzel-Final wurde an einem Samstag ausgetragen, eine Tradition, die mit John McEnroes Sieg über Björn Borg im Final von 1981 zu Ende ging.
Ein Jahr später schlug Jimmy Connors McEnroe im ersten angesetzten Sonntagsfinal. 8 Jahre später war Connors auch Teil des ersten «Middle Sunday», bei dem die Offiziellen aufgrund schlechten Wetters gezwungen waren, mit der Tradition zu brechen und Spiele anzusetzen.
Das ist seitdem noch 3 weitere Male passiert. Die aussergewöhnliche Atmosphäre, die jedes Mal an einem Sonntag aufkam, ist etwas, was die Organisatoren hoffen, ab nächstem Jahr wiederholen zu können. Die Zukunft wird zeigen, ob sich dieser Wunsch erfüllen wird.