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Das Ende von Pandemien – und was es uns lehrt
Aus Kultur kompakt vom 16.02.2022. Bild: SRF / Sebastien Thibault
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So enden Pandemien Was wir jetzt vom Ende der Spanischen Grippe lernen können

Auch nachdem die Spanische Grippe als beendet galt, starben Millionen Menschen daran. Was wir heute besser machen können.

Die Geschichte zeigt: Eine Pandemie geht nicht so plötzlich zu Ende, wie wir es uns vielleicht wünschen. Vor gut hundert Jahren grassierte auf der Welt die Spanische Grippe. Zwar kann sie nicht eins zu eins mit der Covid-19-Pandemie verglichen werden, trotzdem lässt sich aus deren Ausgang etwas lernen.

Spanische Grippe endete erst später

Die Spanische Grippe, die 1918 auftrat und weltweit mindestens 50 Millionen Menschen das Leben kostete, endete gemäss den meisten historischen Darstellungen im Sommer 1919. In Wahrheit jedoch war die Pandemie damals nicht vorbei.

Ein Jahr später schlug das Influenza-Virus wieder zu. Zum Beispiel starben in US-amerikanischen Städten wie Detroit, Milwaukee oder Minneapolis mehr Menschen an der Grippe als in den vorherigen Ansteckungswellen. Doch nichts geschah.

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Archiv: Die Geschichte der Spanischen Grippe
Aus Tagesschau vom 23.01.2021.
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Die Amerikaner hatten genug von der Grippe, die US-Behörden ignorierten das erneute Aufbranden des Virus weitgehend und nahmen die Todesopfer in Kauf.

Schweiz auch von Folgewelle betroffen

«Man beginnt erst heute, diese spätere, starke Folgewelle im Januar 1920 auch noch zur Spanischen Grippe zu zählen», so der Historiker und Epidemiologe Kaspar Staub, der an der Universität Zürich eine Forschungsgruppe zur Geschichte von Infektionskrankheiten leitet.

Auch in die Schweiz war Mitte 1919 die Grippe noch nicht überstanden. Im Unterschied zu anderen Ländern schaute die Schweiz nicht einfach zu. Regional wurden wieder Einschränkungen und Versammlungsverbote beschlossen, der Kanton Bern etwa verbot Tanzveranstaltungen.

Übergangsphasen von Pandemien

Das damals gemachte Erfahrungswissen lasse sich heute bei Covid-19 nutzen, so der Historiker und Epidemiologe. «Übergange nach Pandemien sind Prozesse, keine On-Off-Situationen», sagt Staub.

So sieht es auch der Historiker Séveric Yersin, der an der Universität Basel zur Spanischen Grippe promoviert. Wir könnten uns die Pandemie nicht einfach wegwünschen.

«Wir wissen nicht, ob wir in zwei Monaten erneut in deine Krisensituation geraten», so Yersin. Der Blick zurück zeige, wie wichtig es sei, dass man später bereits aufgehobene Massnahmen wieder einführen könne.

Erbe der Spanischen Grippe

Die Spanische Grippe hat uns noch weiteres hinterlassen. Da ist einmal das Epidemiengesetz, das 1920 ausgeweitet wurde: Die Revision gewährte dem Bundesrat jene Kompetenzen, die 100 Jahre später während Corona zur Anwendung gekommen sind.

Und auch die saisonale Grippe ist ein Erbe von 1918, sagt der Epidemiologe Kaspar Staub: «Nach 1920 ist das Influenza-Virus in regelmässigen Abständen im Winter zurückgekehrt.»

Der Kontext einer Pandemie sei zwar immer wieder neu, betont Kaspar Staub. Doch mit dem Wissen aus der Vergangenheit sei man für künftige Pandemie-Szenarien viel besser gewappnet.

SRF 2 Kultur kompakt, 16.02.2021, 12:10 Uhr

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