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Coronavirus Impfschäden: Das lange Warten auf die Anerkennung

In sehr seltenen Fällen erkranken Menschen schwer und andauernd nach einer Covid-19-Impfung. Anders als in Deutschland warten sie in der Schweiz bis heute auf eine Entschädigung.

Rund 260 Personen in der Schweiz erlitten im Nachgang zur Corona-Impfung so schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen, dass sie ein Gesuch auf eine Entschädigung gestellt haben.

Seit 2016 ist gemäss dem revidierten Epidemiengesetz der Bund dafür zuständig, diese Gesuche zu prüfen. Wie weit diese Prüfungen mittlerweile fortgeschritten sind, ist weitestgehend unklar – selbst für die Gesuchstellenden selber. Auf Anfrage von Radio SRF schreibt das BAG nun:  «In der Schweiz können noch keine Aussagen zur Anerkennungsquote gemacht werden. Knapp 40 Gesuche befinden sich noch in Bearbeitung.»

Es ist davon auszugehen, dass in einigen Fällen eine Entschädigung erfolgen wird.
Autor: Bundesamt für Gesundheit

Das eidgenössische Departement des Innern prüft jedes dieser Gesuche einzeln auf Entschädigung – und hat bis heute kein einziges anerkannt. Aber, so schreibt das BAG nun auf Anfrage von Radio SRF: «Es ist davon auszugehen, dass in einigen Fällen eine Entschädigung erfolgen wird.»

Vergleich mit Deutschland

Seit kurzem liegen die aktuellsten Zahlen aus Deutschland vor, und die lassen aufhorchen: Landesweit haben dort bis Anfang Mai etwa 9000 Personen einen Antrag auf Anerkennung eines Covid-19-Impfschadens gestellt. Rund zehn Prozent dieser Gesuche wurden von den Behörden anerkannt.

Das erhöht den Druck auf die Schweizer Behörden. Denn die beiden Länder lassen sich durchaus vergleichen: Zwar ist in Deutschland eine grössere Zahl unterschiedlicher Impfstoffe zugelassen, doch geimpft wurde – genau wie in der Schweiz – am häufigsten mit den beiden mRNA-Impfstoffen von Moderna und Pfizer/Biontech. Auch das Alters- und Gesundheitsprofil der deutschen und der Schweizer Bevölkerung ist durchaus vergleichbar.

Schweigende Behörden

In einem anderen Punkt unterscheiden sich die beiden Länder jedoch deutlich: Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezog klar Stellung zugunsten der Betroffenen von Impfschäden. Er sprach ihnen Hilfe zu und gleiste ein Programm auf, das mögliche Langzeitschäden einer Covid-19-Impfung besser untersuchen soll.

Die Behörden in der Schweiz hingegen fallen durch ihr Schweigen auf, das insbesondere für Betroffene schwer zu ertragen ist. Der Infektiologe Philip Tarr beobachtet als Leiter des mittlerweile abgeschlossenen Forschungsprojekts «impfskeptische Eltern und Ärzte in der Schweiz» aufmerksam, wie die Behörden in der Schweiz und Deutschland mit dem Thema Impfschäden umgehen.

Die Anerkennung von Impfschäden bei klaren Situationen würde ich dem BAG unbedingt empfehlen.
Autor: Philip Tarr Infektiologe

Er sagt: «Die Anerkennung von Impfschäden bei klaren Situationen, wie dies offenbar in Deutschland gemacht worden ist, halte ich für eine vertrauensbildende Massnahme, die ich dem BAG unbedingt empfehlen würde.» Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass sich schwere Nebenwirkungen der Covid-19-Impfung im üblichen Rahmen halten, das heisst: Sie hat nicht mehr Impfschäden verursacht, als man von anderen Impfungen her ebenfalls kennt.

Die Abklärung allfälliger Impfschäden gehört zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie, so sieht es das Epidemiengesetz vor. Wie gut den Behörden diese Aufarbeitung gelingt, könnte entscheidend sein für den Erfolg künftiger Impfkampagnen. Denn Vertrauen in die Behörden und ihre Impfempfehlungen wären auch in einer nächsten Gesundheitskrise eine entscheidende Voraussetzung.

Rendez-vous, 26.06.2023, 12.30 Uhr

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