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Schokolade der Zukunft Kommt der Schoggi-Samichlaus bald aus dem Labor?

Weihnachten ist Hochsaison für Schoggi. Forschende testen nachhaltigere Verfahren, da die Branche stark unter Druck ist.

Üppiger weisser Bart, rot glänzender Mantel und freundlicher Blick – der in bunte Aluminiumfolie gewickelte Schoggi-Samichlaus füllt jedes Jahr zur Weihnachtszeit die Regale des Detailhandels. Doch er muss nicht nur gut aussehen, sondern vor allem auch gut schmecken.

Auslage in Regal eines Grosshändlers für Schokoladenweihnachtsmänner
Legende: Ein paar Millionen Samichläuse für die Schweiz: In der Weihnachtszeit sind sie der Renner. IMAGO/imagebroker

Wer genüsslich in den schön geformten Hohlkörper beisst, lässt sich die Schokolade meist ganz bewusst auf der Zunge zergehen. Damit sie bei der richtigen Temperatur im Mund dahinschmilzt, heisst das Zauberwort: Beta-5-Fettkristalle. Sie sorgen für Glanz, Knack und den idealen Schmelz bei 30 bis 34 Grad Celsius.

Samichläuse, Tannenzapfen und Co.

Zu Weihnachten gehört Schokolade für viele Menschen dazu wie die Lichter am Tannenbaum. Allein in der Schweiz werden jedes Jahr gemäss dem Branchenverband Chocosuisse mehrere Millionen Samichläuse verkauft.

Aber auch andere saisonale Schokoladenprodukte wie Rentiere, Engel, Wichtel oder etwa Tannenzapfen werden speziell für diese Zeit hergestellt. Im Vorjahr wurden in der Schweiz ausschliesslich für den Inlandmarkt rund 1900 Tonnen Weihnachtsartikel aus Schokolade verkauft – entweder als Hohlform oder als Baumschmuck.

Eine Person hält eine offene Kakaobohne.
Legende: In der rugbyballförmigen Kakaoschote stecken bis zu 50 bohnenförmige Kakaobohnen. Sie werden mit einem Teil des Fruchtfleisches aus den Schalen hervorgeholt und in mehreren Schritten weiterverarbeitet. IMAGO/imagebroker

Die Schweiz gilt als Schokoladenland. Sie zählt zu den Weltmeistern des Schokoladenkonsums mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von umgerechnet 106 Tafeln im Jahr 2024. Doch die Schokoladenwelt kommt zunehmend unter Druck. Denn die Weltmarktpreise für Kakaobohnen haben sich seit 2022 vervielfacht und sind grossen Schwankungen ausgesetzt.

Grund sind massive Ernteausfälle etwa in Westafrika aufgrund diverser Extremwetterereignisse, des hohen Alters vieler Kakaobäume und Schädlingsbefall. «Solche Entwicklungen stehen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und belasten zunehmend die weltweite Verfügbarkeit von Kakao», erklärt Lydia Toth von Chocosuisse. Dadurch werde die Schokolade letztlich auch teurer.

Kakaobohnen werden in einem Mörser zerkleinert.
Legende: Je nach Art der Fermentation und Trocknung in den entsprechenden Anbaugebieten wie etwa in Ghana, der Elfenbeinküste oder Ecuador können die Kakaobohnen später ganz unterschiedliche Aromen aufweisen. ZHAW

Seit einigen Jahren arbeiten viele Fachleute unter anderem wegen der Knappheit der Kakaobohnen intensiv an Alternativen zur herkömmlichen Schokoladenherstellung. Sie gehen neue Wege, um nachhaltigere Schoggi herzustellen. So haben ETH-Forschende um Kim Mishra letztes Jahr eine Schokolade entwickelt, die einen geringeren ökologischen Fussabdruck hat.

Kakao – das braune Gold

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Erntearbeiter unter Kakobaum
Legende: imago images / Andia

Der Kakaobaum wächst im Schatten grösserer tropischer Bäume, meist Kokospalmen oder Bananenstauden. Je nach Kakaosorte haben die reifen, zuckerrübengrossen Früchte eine gelbe oder rotbraune Farbe. Geerntet werden sie vom Boden aus mit Macheten und langen, mit scharfen Messern bestückten Bambusstangen.

Im Innern enthalten die Früchte 25 bis 50 bohnenförmige Samen, die Kakaobohnen. Mit dem hellen Fruchtmus werden sie zuerst aus der Schale gekratzt, danach in Kästen gefüllt oder aufgehäuft und mit Blättern abgedeckt. Nach kurzer Zeit setzt ein Gärprozess ein – die Fermentation.

Die herben Gerbstoffe oxidieren, das feuchte Fruchtmus löst sich auf und fliesst ab, die Kerne färben sich dunkel, das typische Kakaoaroma entsteht. Danach trocknen die Kakaobohnen noch ein paar Tage in der Tropensonne.

Bei dem neuen Verfahren der ETH kommt nicht nur die Bohne zum Einsatz, sondern auch das Fruchtfleisch und die Fruchtschale. «Wir verarbeiteten beides zusammen mit der Pulpe zu einem Gelee», sagt der Zürcher Lebensmitteltechnologe und Hauptautor der Studie in der Fachzeitschrift «Nature Food».

Gesünder und nachhaltiger

Weil das so hergestellte Gelee sehr süss ist, ersetzt es einen Teil des normalerweise zugefügten Kristallzuckers. Auf diese Weise können mehr wertvolle Inhaltsstoffe der Kakaofrucht genutzt und die Wertschöpfung des Kakaoanbaus erhöht werden. Hinzu kommt, dass die Kakaofruchtschokolade mehr Nahrungsfasern und weniger ungesunde gesättigte Fettsäuren hat.

Für diese innovative Rezeptur der zusätzlichen Verwendung der Fruchtschale sicherte sich die ETH Zürich 2024 ein Patent. Doch bis zur Produktion im grossen Stil fehle noch die passende Infrastruktur, ergänzt Kim Mishra. Vom Geschmack her sei ihre Schokolade im Vergleich zu gewöhnlicher Schokolade etwas fruchtiger, aber ansonsten sehr ähnlich.

Geschenk der Götter – die faszinierende Geschichte der Schokolade

Die edle Süssigkeit aus der Bohne besteht aus einem ganzen Bouquet von Aromen in verschiedenen Konzentrationen – von fruchtig, würzig, blumig, manchmal erdig bis fäkal. Weltweit sind bisher 600 flüchtige Verbindungen identifiziert worden, die in Schokolade und Kakao vorkommen können. «Aber nur ein Bruchteil davon macht letztlich das typische Aroma aus», sagt Lebensmittelchemikerin Irene Chetschik von der ZHAW.

Eine Frau hält eine Fernbedienung in der Hand und riecht an einem Gerät.
Legende: Die Forscherin Irene Chetschik fahndet mit Nase und Gaschromatografen nach den klassischen Aromen in verschiedenen Schokoladenproben. ZHAW

Je nach Art und Dauer der Fermentation und Trocknung der geernteten Kakaobohnen kann das Ergebnis immer etwas anders ausfallen. «Wir haben auch schon den Geruch nach Pferdeschweiss, Käse oder Rauch identifiziert», ergänzt Chetschik. Doch viele solcher zumeist eher unerwünschter Gerüche kommen aufgrund ihrer geringen Dosis gar nicht zur Geltung – ähnlich wie beim Duft eines Parfüms.

Würden bestimmte Aromen jedoch fehlen, stimmt etwas nicht. Es ist ein komplexes Zusammenspiel vieler chemischer Komponenten, damit es am Schluss auch harmonisch ist.

Kakao aus dem Bioreaktor

Da die Schokoladenwelt verstärkt auch aufgrund der Klimaveränderung gefährdet ist, verfolgt der Lebensmitteltechnologe Tilo Hühn von der ZHAW zusammen mit der Biotechnologin Regine Eibl noch einen ganz anderen Weg. Anstatt die Kakaofrucht auf dem Feld zu ernten, lässt er sie im Labor heranreifen. Inzwischen sind mehrere Start-ups daran, diese Idee zur Marktreife zu bringen.

Damit dies gelingt, muss am Anfang eine echte Bohne einer Kakaofrucht zuerst zerschnitten und im Brutschrank für zwei Monate gelagert werden. «An der Schnittstelle bildet sich Schorf, ähnlich wie bei einer Wundheilung», sagt Hühn. Davon isolieren sie dann ein paar Zellen, die in einem Bioreaktor weiterwachsen.

Person in Laborkittel arbeitet an grossem metallischem Tank.
Legende: «Ernte» aus dem Edelstahltank: Die herangewachsenen Zellen werden entnommen und getrocknet. Das so gewonnene Kakaopulver wird anschliessend geröstet und zu Schokolade verarbeitet. SWI swissinfo.ch / Thomas Kern /2025

Bisher sei die ganze Sache aber noch in der Entwicklungsphase und der Preis deshalb viel zu hoch, fügt er hinzu. Doch wenn sie die erste Fabrik gebaut hätten, sei die zellbasierte Labor-Schoggi nicht teurer als heutige Superpremiumprodukte und koste vielleicht 25 Franken pro 100 Gramm. Allerdings werde es für Europa noch mindestens fünf Jahre dauern, bis es hier überhaupt eine Zulassung für ein solches Novel-Food-Produkt geben würde.

Schoggi wie aus Hogwarts?

An der ETH Zürich arbeiten Fachleute derweil auch an einer anderen innovativen Schokolade, bei der jeder Bissen theoretisch einen anderen Geschmack hätte. Dazu setzen sie auf die Oberfläche einzelne Geschmackstropfen unter anderem mit einer Art Tintenstrahldrucker für Lebensmittel. «Für einen Harry-Potter-Release könnten wir Schokolade wie aus Hogwarts mit magischen Geschmackserlebnissen herstellen», sagt Kim Mishra scherzend.

Doch ihr Ziel sei vielmehr, mit dieser Methode beispielsweise die Wahrnehmung der Süsse zu beeinflussen und dadurch den Gesamtzuckergehalt der Schokolade zu reduzieren, ergänzt Mishra. Sie könnten aber auch gezielt Haselnussgeschmack in einer extrem geringen Dosis, aber mit einer grossen Wirkung hinzufügen.

Mit Hightech und cleveren Tricks lässt sich der Geschmack der geschichtsträchtigen Kakaoprodukte immer weiter verfeinern. Wichtig ist aber vor allem, dass die Schoggi nicht zu lange aufbewahrt wird. Denn mit der Zeit tritt aufgrund der Umwandlung der Beta-5-Fettkristalle ein heller Schleier auf der Schokolade auf. Und auch der kultige Samichlaus bekommt irgendwann die typischen «weissen Altersflecken».

SRF 1, Eco Talk, 15.12.2025, 22:25 Uhr; herb

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