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Marathonlauf – Grossalarm im Körper
Aus Puls vom 29.04.2019.
abspielen. Laufzeit 20 Minuten 28 Sekunden.
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42,2 Kilometer Dauerstress «Das Gesündeste an einem Marathon ist die Vorbereitung darauf»

Wie gross ist die Belastung wirklich? «Puls» wollte es wissen und begleitete einen Läufer am Zürich Marathon.

Volksläufe sind in der Schweiz populärer denn je. Und hat einen der Ehrgeiz erst einmal gepackt, kennen viele nur ein Ziel: Den Marathon.

Mit 42,2 Kilometern Länge ist die Strecke nicht nur so etwas wie der «heilige Gral» für ambitionierte Läuferinnen und Läufer, sondern vor allem auch eine immense Belastung für deren Körper. Wie gross sie tatsächlich ist, hat das SRF-Gesundheitsmagazin «Puls» am Zürich Marathon untersucht.

Als Versuchsperson hat sich der 47-jährige Flavio Calligaris zur Verfügung gestellt.

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«Das Laufen gibt mir enorm viel. Der Marathon ist dann so etwas wie die Zugabe, um die eigenen Grenzen auszuloten.»
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Der Hobbyläufer ist am vergangenen Sonntag zu seinem 15. Marathon gestartet und hat sich im Vorfeld von Sportarzt Peter Züst durch 1000 Kilometer Aufbautraining begleiten lassen.

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«Eigentlich wäre es ideal, wenn man sich auf einen Marathon optimal vorbereiten würde – und dann aus irgendeinem Grund nicht starten kann.»
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Vor, während und nach dem Lauf wurden Calligaris nun Puls, Blutdruck und Körpertemperatur gemessen und ausserdem Blut zur späteren Analyse entnommen.

Weniger als drei Stunden nach dem Startschuss passierte Flavio Calligaris die Ziellinie – persönliches Ziel erreicht! Was er seinem Körper dabei zugemutet hat, zeigt die Auswertung am Tag danach.

Unter den verschiedenen Blutwerten sticht einer besonders hervor: Der erhöhte Troponin-Gehalt.

Troponin wird durch absterbende Herzmuskelzellen ins Blut abgegeben und gilt deshalb als typisches Zeichen für einen Herzinfarkt. Zwar ist der Wert in Flavio Calligaris' Blut noch nicht im kritischen Bereich, er weist aber deutlich auf die starke Belastung des Herzens durch den Marathon hin.

Wer sich dieser Belastung aussetzen möchte, muss deshalb sicherstellen, dass er oder sie nicht an einer unerkannten Herzkrankheit leidet.

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«Herzereignisse kommen bei Stresswettkämpfen wie einem Marathonlauf immer wieder vor.» Studiogespräch zur Herzbelastung.
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Ebenfalls augenfällig: Die Belastung von Calligaris' Nieren während des Wettkampfs. «Die Nieren opfern sich da etwas, indem sie ihre Durchblutung zugunsten der Durchblutung der wichtigeren Muskulatur reduzieren», erklärt Peter Züst die gestiegenen Kreatinin-Werte.

Die Folge: Das Filterorgan kann seiner Aufgabe nur noch reduziert nachkommen. «Wir haben im Urin auch etwas Eiweiss nachgewiesen. Das sollte normalerweise nicht so sein.»

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«Die Minderdurchblutung der Niere führt zu einer verringerten Filterfunktion des Organs.»
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Wenig überraschend fallen die Messergebnisse zur Muskelbelastung aus. Die 42,2 Kilometer auf dem Asphalt haben einige Muskelzellen dahingerafft – der Effekt kommt aber erst tags darauf so richtig zum Tragen: Während sich Herz und Nieren bereits wieder erholt haben, sind die Kreatinkinase-Werte massiv in die Höhe geschossen.

«Ich würde sicher nicht gleich wieder einen Marathon laufen», bringt Flavio Calligaris seinen heftigen Muskelkater tapfer lächelnd auf den Punkt.

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«Aus medizinischer Sicht gibt es sicher Gründe, die gegen einen Marathon sprechen. Auf der emotionalen Ebene tut sich aber so viel Positives, dass trotzdem Tausende daran teilnehmen.»
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Die körperliche Belastung eines Marathons ist also selbst für einen derart gut trainierten Hobbysportler wie Flavio Calligaris immens. Spricht das aus medizinischer Sicht nicht ganz grundsätzlich gegen eine Teilnahme?

Sportarzt Züst ist sich der Popularität der Sportart bewusst, meint aber klar: «Das Gesündeste an einem Marathon ist die Vorbereitung darauf.» Und wer dann doch am Start stehen will, sollte sich sicher sein, dass das Herz dabei mitspielt. Damit der Lauf am Zielstrich endet und nicht in einem Krankenwagen.

«Wir haben gesiegt!»

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Legende: reuters

Die Ursprünge des Marathonlaufs liegen über 2500 Jahre zurück, als sich ein persisches Heer zum ersten Mal auf griechischen Boden wagte. 490 vor Christus kam es dabei zur Schlacht von Marathon, wo die Armee des Grosskönigs Dareios vernichtend geschlagen wurde.

Der Legende zufolge lief der Bote Pheidippides darauf am Stück die knapp 40 Kilometer von Marathon nach Athen, um dort schliesslich mit den Worten «Wir haben gesiegt!» tot zusammenzubrechen.

1890 brachten Ausgrabungen in Marathon die Gräber der bei der Schlacht gefallenen Athener zum Vorschein und damit auch die Geschichte des Pheidippides wieder ins Bewusstsein.

An den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen 1896 liess man den legendären Lauf als sportlichen Wettkampf aufleben. Damals noch über exakt 40 Kilometer, seit 1924 über die mittlerweile offizielle Distanz von 42,195 Kilometer.

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