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500 Millionen Franken Sparpotenzial im Gesundheitswesen

Könnte die Schweiz mit nur einem Medikament jährlich 500 Millionen Franken Gesundheitskosten sparen? Ja, sagt die Gesellschaft Schweizerische Augenärzte. Wenn Swissmedic das günstige Avastin für die Behandlung von diversen Augenkrankheiten zulassen würde. Swissmedic sind aber die Hände gebunden.

Swissmedic hat im Herbst 2011 das Augenmedikament Lucentis für weitere Augenkrankheiten zugelassen – auch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) wurde es auf die Spezialitätenliste genommen. Das heisst: Die Krankenkassen sind jetzt verpflichtet, Lucentis für die Behandlung von diversen Augenkrankheiten zu bezahlen.

Das Problem ist, dass eine Injektion Lucentis, das direkt ins Auge gespritzt wird, rund 1000 Franken kostet. Ein Betroffener braucht also pro Auge eine Injektion – und dies etwa 10 Mal pro Jahr. Das kostet somit für einen Patienten 20'000 Franken pro Jahr.

Von der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (AMD) und ähnlichen Erkrankungen  sind vor allem ältere Menschen betroffen. In der Schweiz rechnet man mit rund 50'000 Eingriffen. In einem Jahr wird mit einer bis zwölf Spritzen behandelt, wie Christoph Egli von der Gesellschaft Schweizerische Augenärzte zu «SF Online» sagt.

Ergebnisse der CATT-Studie

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Auswahl aus beiden Medikamenten

Es gibt jedoch ein zweites Medikament, das laut einer US-Studie im Auge die gleiche Wirkung erzielt wie Lucentis: Avastin. Das Medikament ist in der Schweiz nur zur Behandlung von Krebs zugelassen.

Viele Augenärzte verwenden es dennoch - denn das Medikament Avastin kostet lediglich rund 100 Franken, also 10 Mal weniger. Das Sparpotenzial würde mit der Zulassung von Avastin für diese Augenkrankheiten also fast eine halbe Milliarde Franken betragen.

«Wir würden unterstützen, dass beide Medikamente zugelassen werden», sagt Christoph Egli. Der Preisunterschied sei erheblich. Man stütze sich auf eine US-Studie (siehe Box), so Egli. Die Medikamente seien leicht unterschiedlich. Der jeweilige Arzt müsse deshalb entscheiden, welches Medikament er einsetzen wolle.

Die Wahl zwischen Lucentis und Avastin sei jedoch nur in seltenen Fällen möglich, nämlich nur dann, wenn Lucentis für die Behandlung der umschriebenen Krankheit von den Behörden nicht zugelassen ist.

Kosten sind kein Argument

«Mit dem Einsatz von Avastin wäre eine qualitativ hochwertige Behandlung gewährleistet», sagt auch Anne Durrer, Mediensprecherin des Krankenkassenverbands Santésuisse. Und es gebe wirtschaftlich gesehen ein riesiges Sparpotenzial. Die Preise werden vom BAG festgesetzt. «Weshalb das BAG diesen Preis akzeptiert hat, weiss ich nicht. Wenn Lucentis auch im Ausland sehr teuer ist, übernimmt das BAG diese Vorgaben.»

Das BAG hat im Herbst 2011 den Preis für Lucentis um etwa ein Drittel gesenkt – dies, nachdem die Zulassung für das Medikament um weitere Behandlungsmöglichkeiten erweitert wurde.

Swissmedic hat die Zulassung von Lucentis auf Antrag der Hersteller-Firma Roche erweitert. Swissmedic lasse ein Medikament zu, wenn Wirksamkeit und Qualität ausreichend erwiesen seien, sagt Mediensprecherin Petra Dörr. «Wir haben kein Mandat, Medikamente aus Kostengründen nicht zuzulassen.»

Der Antrag muss von Seiten des Herstellers erfolgen. Also von Roche. Roche ist auch Herstellerin von Lucentis, welches in der Schweiz aber von Novartis vertrieben wird. Bei Roche heisst es auf Anfrage von «SF Online», um eine Zulassung zu beantragen, brauche es viele verschiedene klinische Studien.

Kein Interesse an Zulassung 

In einer schriftlichen Stellungnahme heisst es: «Wir sind der festen Überzeugung, dass es im besten Interesse der Patienten ist, wenn wir uns bei Avastin auf die weitere Forschung und Entwicklung von Avastin als Krebsmedikament konzentrieren.»

Und: «Roche hat keine Pläne, Ressourcen umzuleiten für jahrelange Studien, die notwendig wären um die Wirkung und Sicherheit von Avastin in Augenkrankheiten wie feuchter Makulardegeneration zu untersuchen. Denn dort stillen bereits andere Medikamente den medizinischen Bedarf.» Das Sparpotenzial bleibt also unausgeschöpft.

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