Die einen laufen selbst unter hohem Druck noch rund und gleichmässig wie ein gut geölter Motor. Bei den anderen kommt bei der gleichen Belastung der Motor bereits ins Stottern.
Wann für jeden Einzelnen die Belastungsgrenze erreicht ist, ist individuell verschieden. Ist es aber so weit, laufen in allen Menschen die gleichen Reaktionen ab. Und die sind seit grauer Vorzeit aufs reine Überleben und damit kurzfristig ausgerichtet, auf Flucht oder Verteidigung beispielsweise.
Nur: Das, was uns heute stresst, ist nicht mehr der Moment der Konfrontation mit einem vorbeiziehenden Bären, sondern der Dauerzustand, in dem wir leben, die täglichen Anforderungen, die Reizüberflutung, die durchgetaktete Woche, ja sogar das Vorausahnen bevorstehender Konflikte – Stressoren, denen wir uns nur schwer entziehen können.
Stressig wird es dann, wenn Situationen oder Aufgaben überfordern, weil nicht genug Zeit bleibt oder weil die Aufgabe zu komplex ist – ein negatives, belastendes Gefühl, ein Gefühl des Kontrollverlusts. Das bleibt nicht allein aufs Berufsleben beschränkt, auch Beziehungen können überfordern.
Werden diese Momente zum Dauerzustand, spricht man von chronischem Stress.
Körper im Dauerstress
Dass diese Art von modernem Stress anders ist als eine kurzzeitige Stresssituation, zeigen auch die körperlichen Reaktionen. Bei momentanem Stress schlägt das Hirn Alarm und aktiviert den Sympathikus. Das ist der Teil des vegetativen Nervensystems, der zusammen mit dem Parasympathikus die Funktion der meisten Organe steuert.
Das hat die Ausschüttung eines ganzen Stresshormon-Cocktails zur Folge, allem voran Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin, die den Körper kurzfristig in Alarmbereitschaft versetzen – mit all den bekannten Symptomen:
- Herzklopfen
- Gesteigerte Durchblutung
- Schwitzen
- Angespannten Muskeln
- Zittern
- Bis zum Zerreissen angespannte Nerven
Ist die Gefahr gebannt, zieht der Hippocampus die Stressbremse, zügelt die Stresshormone und orchestriert die Entspannungsprozesse.
Anders jedoch bei dauerhaftem Stress. Die Konzentration der Stresshormone im Körper bleibt dauerhaft erhöht. Das zerstört auf lange Frist Nerven – und zwar vor allem an einer kritischen Stelle: im Parasympathikus, dem Gehirnteil, der eigentlich die Entspannung nach der Anspannung koordiniert.
Mit negativen Folgen:
- Übersäuerter Magen
- Verstärkte Blutgerinnung und damit Thrombosegefahr
- Mehr Cholesterin im Blut
- Steigender Blutdruck
- Schwächelndes Immunsystem
- Risiko für Depressionen
Schliesslich wird auch der Sympathikus angegriffen und die Leistungsfähigkeit nimmt zunehmend ab. Kurzum: Dauerstress ist Raubbau – an Körper und Seele.