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Alternativen zu Tierversuchen Geht es wirklich nicht ohne Labormäuse?

Tierversuche polarisieren: Für die einen garantieren sie Fortschritt in der Forschung, für die anderen verletzen sie das Tierwohl. Ein neues Zentrum will nun erreichen, dass Versuche mit Tieren in der Schweiz weniger und besser werden. Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel ist skeptisch, ob es die Zahl der Tierversuche tatsächlich senken kann.

Katrin Zöfel

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Katrin Zöfel ist Wissenschaftsjournalistin bei SRF. Sie ist Biologin und spürt gerne den Fragen nach, die der wissenschaftliche Fortschritt unserer Gesellschaft stellt.

SRF: Das neue Kompetenzzentrum «3RCC» soll sich praktischen und ethischen Fragen zu Tierversuchen widmen. Wieso dieses neue Zentrum?

Katrin Zöfel: Seit Mitte der 1990er-Jahre stagniert die Zahl der Tierversuche in der Schweiz auf hohem Niveau. 600'000 bis 700'000 Tierversuche werden pro Jahr durchgeführt.

Aktuell gibt es im Parlament, aber auch im Bundesrat, den klaren politischen Willen, mehr für den Tierschutz in der Wissenschaft zu tun. Ein Ergebnis dieses politischen Willens ist das neue Kompetenzzentrum.

Tierversuche in der Schweiz

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Legende: Imago/Rupert Oberhäuser

Laut Schweizer Tierschutzverordnung sind Versuche an Tieren nur erlaubt, wenn es keine Alternative gibt. Trotzdem hat sich an der vergleichsweise hohen Zahl von Tierversuche in der Schweiz seit rund 20 Jahren nichts geändert.

Laut Statistik des Bundes wurden 2016 fast 630'000 Tierversuche durchgeführt: am häufigsten in der Grundlagenforschung und an Mäusen, Fischen oder Ratten. Bei rund 60 Versuche wurden Primaten eingesetzt.

Drei Jahrzehnte lang hat die «Stiftung Forschung 3R» denselben Auftrag erfüllt, den «3RCC» nun übernimmt. Hat die Vorgängerin denn gar nichts erreicht?

Die Stiftung Forschung 3R war wichtig, aber in ihren Möglichkeiten ziemlich eingeschränkt. Sie erfüllte nur die Funktion, vorgeschlagene Projekte zu bewilligen und zu finanzieren. Eigene Akzente konnte sie keine setzen. Der Stiftung stand mit rund einer halben Million Schweizer Franken pro Jahr auch nicht wirklich viel Geld zur Verfügung.

Was ich ausserdem mehrfach gehört habe: Die Stiftung war nicht gut vernetzt, sondern eher isoliert, vor allem was die Universitäten angeht. Gerade dort muss sich aber etwas bewegen, wenn man die Zahl der Tierversuche senken will. Mehr als die Hälfte aller Tierversuche gehören zur Grundlagenforschung, ein grosser Teil davon findet in den Unilabors statt.

Mit gentechnisch veränderten Labortieren können Forscher Fragen angehen, die sie vor 20 Jahren gar nicht hätten untersuchen können.

Denken Sie, dass das neue Kompetenzzentrum die Zahlen der Tierversuchen nun senken kann?

Mit der Reduktion von Tierversuchen ist es so eine Sache. Denn in der Grundlagenforschung sind es in den vergangenen 20 Jahren sogar mehr Tierversuche geworden. Und das hat Gründe.

Es gibt immer mehr gentechnisch veränderte Labortiere. Etwa Mäuse, die so verändert sind, dass sie Alzheimer bekommen oder an Krebs erkranken, oder Affen mit Autismus. Mit diesen Tieren können Forscher Fragen angehen, die sie vor 20 Jahren gar nicht hätten untersuchen können.

Mehr Möglichkeiten bedeutet für die Forscher aber auch mehr Gründe, Tierversuche zu machen.

Mit dem Zentrum wurden gute Voraussetzungen geschaffen, mehr zu erreichen als bisher.

Stehen die Chancen für weniger Versuche am Tier also eher schlecht?

Die Leiterin des neuen «3RCC»-Zentrums, Chantra Eskes, verweist in dieser Frage auf das Prinzip von 3R, welches das Zentrum auch im Namen trägt. Die drei R stehen für Replace, Reduce und Refine – also das Ziel, Tierversuche zu ersetzen, insgesamt weniger Tiere einzusetzen und die Versuche zu verbessern. Es sei wichtig, alle drei R im Blick zu behalten, also zum Beispiel nicht nur die Zahlen zu drücken.

Eine weisse Maus sitzt auf einer Hand mit Medizinhandschuh.
Legende: Etwa die Hälfte aller Versuchstiere in Schweizer Labors sind Mäuse. Keystone

Es gehe in Zukunft also noch mehr darum, was mit den Tieren gemacht wird, wie und wofür. Tierversuche sollen besser werden: im Sinne von schonender, aber auch im Sinne von nützlicher. Wenn man sie schon durchführt, dann mit möglichst grossem Erkenntnisgewinn.

Dass hier definitiv noch Luft nach oben ist, sagen selbst Forscher. Mit dem Zentrum wurden gute Voraussetzungen geschaffen, mehr zu erreichen als bisher.

Wie will man diese Ziele konkret erreichen?

Anders als bisher wird das Zentrum Geld gezielt dort investieren, wo es heute fehlt. 3R-Forschung ist nicht besonders sexy, Forscher widmen sich dem Thema kaum und die grossen Geldgeber stellen dafür wenig Geld zur Verfügung. Diese Lücke soll das Zentrum schliessen und gezielt Geld für 3R-Projekte vergeben.

Wer steht hinter dem neuen Zentrum?

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Das neue Kompetenzzentrum «3RCC» ist vorerst für zwei Jahre sicher finanziert. Es hat pro Jahr knapp 3 Millionen Franken zur Verfügung, Sechsmal mehr als die Vorgänger-Stiftung. Das Geld kommt vor allem vom Bund. Aber auch die Pharmabranche, der Schweizer Tierschutz, neun Universitäten und zwei Fachhochschulen sind beteiligt.

Tierversuche sind schon lange streitbar. Es muss doch bestimmt schon viel Wissen über Alternativen geben?

Es gibt dieses Wissen, nur bleibt es oft bei den einzelnen Forschern. Wenn ein Neurowissenschaftler sich zum Beispiel bemüht, seine Versuchstiere zu schonen und dafür eine clevere Methode entwickelt, wird er am Ende trotzdem nur die Forschungsresultate publizieren. Das Wissen darüber, wie er zu den Resultaten gelangt ist, bleibt bei ihm und seinen Mitarbeitern.

Deshalb soll das neue Kompetenzzentrum auch helfen, Experten zu vernetzen. An jeder beteiligten Hochschule wird es jemanden geben, der sich um die 3R-Themen kümmert – also entsprechendes Wissen sammelt, bündelt und über das Zentrum weitergibt. Ausserdem wird es in Zukunft für mehr Studenten und Forscher Ausbildungen in diesem Bereich geben.

Das Gespräch führte Katharina Bochsler.

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