- Schnell gemachte, nicht operative Schönheitseingriffe sind populär. Speziell Lippen- und Falten-Behandlungen.
- Einspritzungen werden auch von Kosmetikstudios angeboten, die dies gar nicht dürfen. Bei einer Stichprobe der Gesundheitssendung «Puls» waren es drei von sechs.
- Die Kantone kommen ihrer Aufsichtspflicht nur auf Anzeige hin nach. Also so gut wie nie.
Den Finalistinnen der TV-Sendung «Der Bachelor 2018» macht man nicht so schnell etwas vor, wenn es um das Äussere geht. Sie sind Profis im Umbauen ihrer Körper. Siegerin Sanja hat eine neue Nase, neue Brüste und eine Botox-Stirn. Mia hat neue Brüste, und bei Bellydah ist so gut wie nichts naturbelassen.
Die Lippen des Trios? Selbstverständlich aufgespritzt.
Lippen und Falten spritzen – für Dermatologe Felix Bertram Alltag. In seinen «Skinmed»-Kliniken in Aarau und Lenzburg wollen ganz normale Frauen jeden Alters ihr Gesicht perfektionieren. «Man wäre überrascht, wie viele Menschen das machen, das aber nicht nach aussen kommunizieren.»
Seine Einschätzung: «30, 35 Prozent der Frauen, die einem auf der Strasse begegnen, haben irgendwann schon mal was machen lassen.»
Offizielle Zahlen für die Schweiz gibt es nicht. Die Entwicklung der kleinen Aarauer Dermatologie-Praxis hin zu zwei Kliniken mit mehreren Angestellten gibt aber einen Eindruck davon, wohin die Reise geht: Rund die Hälfte des Umsatzes wird hier mit Schönheitseingriffen generiert.
Wenn man in so ein Gefäss hineinsticht und Hyaluronsäure reinkommt, kann das bis zur Erblindung führen.
Das grösste Wachstum verzeichnet Felix Bertram bei nicht-operativen Eingriffen wie Unterspritzungen mit Botulinumtoxin und Hyaluronsäure. Und es werden laufend mehr: «Ich denke, dass wir von etwa 20 Prozent Zuwachs pro Jahr sprechen.»
Unterspritzungen gegen Falten sind schnell gemacht, aber nicht ohne Risiko. «Da verlaufen ganz wichtige Gefässe», weiss Bertram. «Wenn man in so ein Gefäss hineinsticht und Hyaluronsäure reinkommt, kann das bis zur Erblindung führen.»
Auch beim Lippen-Spritzen kann einiges schiefgehen. Wird die Anatomie der Ober- und Unterlippen nicht respektiert und zu viel eingespritzt, werden die Strukturen verwischt. Es entstehen die typischen «Schlauchbootlippen».
Oder schlimmer noch: Das Hyaluron verklumpt und muss mit einem medizinischen Enzym wieder aufgelöst werden. So geschehen bei Stephanie Kühne, die sich von einer Freundin zu einer spontanen Lippenbehandlung überreden liess.
Immer mehr unseriöse Anbieter
Stephanie Kühne ist kein Einzelfall, denn immer mehr unqualifizierte Anbieter sind in diesem einträglichen Markt tätig. Vor allem Kosmetikstudios.
Auch das beim Bund zuständige Heilmittelinstitut Swissmedic ist auf das Problem aufmerksam geworden und weist in einem Merkblatt darauf hin, was zulässig ist und was nicht.
Kernaussage des Papiers: Kosmetikerinnen dürfen keine Hyaluronsäure-Spritzen setzen, da die meist verwendete Hyaluronsäure länger als 30 Tage im Körper bleibt.
Dennoch wimmelt es im Internet von Angeboten für Lippenvergrösserungen – auffällig oft in Kosmetikstudios. Einige arbeiten mit Ärzten zusammen, bei vielen aber ist das nicht ersichtlich.
«Puls» machte die Probe aufs Exempel und fragte bei sechs zufällig ausgewählten Kosmetikstudios telefonisch nach Lippenvergrösserungen. Das Ergebnis:
- Zwei sagten offen, dass sie ohne Arzt arbeiten.
- Ein Studio versicherte, im Notfall einen Arzt beiziehen zu können.
- Drei Studios gaben an, dass der Eingriff von einem Arzt vorgenommen werde.
Für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sind die Kantone zuständig. Sie kontrollieren jedoch nur, wenn Studios verzeigt werden. Was höchst selten passiert.