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Babykommunikation – Zeichen für Worte
Aus Puls vom 27.08.2018.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 47 Sekunden.
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Bevor Kinder sprechen können Mit Zeichen statt mit Worten kommunizieren

Bevor ein Kleinkind reden kann, können Eltern oft nur raten, was es will und fühlt. Baby-Zeichensprache füllt die Lücke.

Die Tochter des Basler Kinderarztes Pierino Avoledo kann heute zwar sprechen, aber sie drückt sich immer noch gerne mit Handzeichen aus: etwa mit dem Zeichen, dass sie jetzt Zähneputzen geht, oder mit einem Zeichen, dass ein Gegenstand nicht mehr da ist, oder einem Zeichen für Blume.

«Es ist eine andere Art der Kommunikation», sagt Avoledo, «direkter und näher, über einen anderen Kanal statt nur die Augen, das Schmecken oder Reden, nämlich über die Körpersprache».

Von Gebärdensprache inspiriert

Die Zeichensprache für Kleinkinder orientiert sich an der Gebärdensprache für Gehörlose, ist aber viel einfacher gehalten. Eingängige, motorisch machbare Gesten drücken Gegenstände oder Befindlichkeiten aus, die Ein- bis Zweijährige beschäftigen: Hunger, Tierkategorien, Tätigkeiten, «mehr davon».

Erraten Sie, wofür die Gesten im Video stehen? Die Auflösung finden Sie im Kasten darunter!

Video
Sechs Gesten der Baby-Zeichensprache
Aus Puls vom 27.08.2018.
abspielen. Laufzeit 24 Sekunden.

Das bedeuten die Gesten im Video

Box aufklappen Box zuklappen
  1. Schnecke
  2. «mehr» / «nochmal»
  3. Schokolade
  4. Schmerz
  5. Schmetterling
  6. «warten» / «langsam»

Im Kurs von Karin Patton in Wil lernen Eltern, gemeinsam mit den Kleinkindern, durch spielerisches Vorzeigen die Zeichen. «Die Hauptidee ist die zweiseitige Kommunikation zwischen Eltern und Kindern, bevor die Kinder sprechen können», erkärt Karin Patton.

Fenster in die Gedankenwelt des Kindes

«Bevor sie reden können, erleben sie schon vieles und wollen die Eltern daran teilhaben lassen. Eltern erfahren dank den Zeichen genauer, was im Kind vorgeht, als ohne Zeichensprache.»

Die einjährigen Knirpse im Kurs schauen ihren Müttern mit grossen Augen zu, wenn diese beim Singen ihre Arme energisch auf und zu bewegen wie ein Krokodil-Maul – das Zeichen für Krokodil. Noch reagieren die Kleinen nur spärlich auf die Zeichen. Das Nachmachen brauche eben viel Üben, sagt die Kursleiterin, auch zu Hause.

Was schnell funktioniert, ist das Zeichen für «mehr», mehr Seifenblasen, mehr Maispops; das beherrschen die quirligen Kursteilnehmer schnell.

Und die Mütter im Kurs berichten stolz von anderen kleinen «Lernerfolgen» ihrer Mädchen und Buben: «Er hat angefangen das Zeichen für Milch und Schoppen zu benutzen», berichtet eine Mutter. «Aber er benutzt das Zeichen generell, wenn er essen will.» Eine andere Mutter hat festgestellt, dass ihr Sohn vor allem jene Zeichen macht, die ihm etwas bringen

Zeichensprache statt Frustrationen

Kinderarzt Pierino Avoledo glaubt aus seiner Erfahrung, dass Babyzeichensprache hilft, Frustrationen und Wutanfälle zu vermeiden. «Wenn sich ein Kind mit Hilfe von Zeichen ausdrücken kann, und die Eltern sagen, ‹aha, du hast Hunger›, dann strahlt das Kind, weil man es verstanden hat».

Moritz Daum, Entwicklungspsychologe an der Universität Zürich, sieht solche Kurse mit gemischten Gefühlen. «Auf der einen Seite geben sie den Eltern viel mit. Sie bekommen mit, wie wichtig es ist, schon früh mit dem Kind viel zu reden und sich auszutauschen. Auf der anderen Seite kann man das als Eltern auch machen ohne einen Kurs».

Sich viel mit dem Kind abgeben, auf das Kind eingehen, mit ihm reden, sei aber sehr wichtig für dessen späteren Spracherwerb. Das zeigt die berühmte «30- Millionen Worte»-Studie aus den USA. Wer früh viel Sprache mitbekommt, lernt sie später auch besser, und das hat Auswirkungen auf die ganze Ausbildung.

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