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Brustkrebsrisiko Aluminiumhaltige Deos: Der Krebsverdacht bleibt bestehen

Eine Genfer Studie will den Zusammenhang im Labor belegt haben, doch Bund und Experten winken ab.

Der Griff zum Deo gehört zur Morgentoilette wie das Zähneputzen. Viele benutzen es täglich und schätzen seine schweisshemmende Wirkung. Bei den meisten Deos sind dafür die enthaltenen Aluminiumsalze zuständig: Sie verklumpen mit Hautbestandteilen und verschliessen die Schweissdrüsen.

Ein kleiner Teil des Aluminiums gelangt aber auch durch die Haut in den Organismus und erhöht so das Risiko für Brustkrebs, wird seit Jahren in immer neuen Studien gewarnt. So auch in der kürzlich veröffentlichten Arbeit von Stefano Mandriota und André-Pascal Sapino. Sie arbeiten schon länger an der Untersuchung dieser Hypothese, die ihre Wurzeln in den späten 1960er-Jahren hat. «Wenige Jahre nach der Markteinführung der aluminiumhaltigen Deos wurde in den Industrieländern eine Zunahme von Brustkrebs beobachtet», erklärt Biologe Mandriota.

Seither hält sich der Verdacht hartnäckig. Und die Genfer Forscher glauben, einen wichtigen Beleg dafür gefunden zu haben. Ihre Studie zeigt, das im Reagenzglas Brustzellen von Säugetieren Aluminium sehr schnell aufnehmen und das Aluminium die DNA der Zellen schädigt. Struktur und Anzahl der Chromosomen veränderten sich innerhalb von 24 Stunden.

«Die Ergebnisse zeigen ein Krebspotenzial, das vergleichbar ist mit ionisierenden Strahlen, Cadmium oder Arsen», ist Stefano Mandriota überzeugt. Und was die Forscher bei Zellen von Mäusen und Hamster beobachten, soll auch für den Menschen gelten.

Toxikologe Michael Arand von der Universität Zürich verfolgt die neuesten Studienergebnisse mit grossem Interesse. Doch er glaubt nicht, dass das, was in Hamsterzellen passiert, automatisch auch auf uns Menschen anwendbar ist: «Bestimmte Schutzfaktoren, die uns vor den Auswirkungen von schädlichen Stoffen bewahren, waren in diesen Laborexperimenten nicht vorhanden.» Zum Beispiel solche, die das Eindringen von Aluminium in unseren Körper oder in unsere Zellen verhindern.

Die Genfer Forscher hingegen sind von der schädlichen Wirkung überzeugt und wünschen sich ein Ende der Aluminiumverwendung in Kosmetika.

Die zulässige Menge Aluminium ist in der Schweiz in der Verordnung für kosmetische Produkte geregelt. Für eine Anpassung oder gar ein gänzliches Aluminiumverbot in Deos sieht das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen keinen Anlass.

Auf Anfrage des SRF Gesundheitsmagazins «Puls» schreibt die Behörde: «Diese neuen Studien liefern jedoch keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse (…) Daher führen die Ergebnisse dieser beiden neuen Studien nicht zu einer Änderung der Gesamtbewertung von Aluminium für Kosmetika, bei denen die Aluminiumaufnahme sehr gering ist.»

Weiterführende Informationen

Die bisherigen Studien lassen keine klaren Schlüsse zu, weil die entscheidenden Untersuchungen noch immer nicht gemacht wurden. Nötig wäre eine epidemiologische Studie zur Krebshäufigkeit bei Alu-Deo-Anwendern und Alu-Deo-Nichtanwendern. Erst solche Vergleiche von Krebsdaten könnten zeigen, ob Aluminium in Deos wirklich schädlich ist oder nicht. «Aber solche Studien sind extrem umfangreich und aufwändig», weiss Michael Arand.

In absehbarer Zeit ist mit einer definitiven Klärung der Frage also nicht zu rechnen. Was Vorsichtige jetzt schon tun können:

  • Kein Alu-Deo nach dem Rasieren, denn verletzte Haut nimmt Aluminium schneller auf.
  • Umsteigen auf Alu-freie Deos und mit weniger Schweissstopp-Wirkung leben.

Puls, 08.11.2021, 21:05 Uhr

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