Das Wichtigste in Kürze
- In der Ostschweiz wachsen Cannabis-Pflanzen, die für die medizinische Verwendung weiterverarbeitet werden.
- Für Anbau und Anwendung des medizinischen Cannabis braucht es Ausnahmebewilligungen.
- In der Schweiz nehmen mehrere 100 Patienten ein natürliches Cannabis-Medikament zu sich.
Es ist Erntezeit: Zwei junge Männer arbeiten sich durch die Reihen dicht gewachsener Cannabis-Pflanzen. Sie schneiden deren oberen Teil ab und lassen die schweren harzigen Blüten in einen hohen Behälter fallen. Geerntet wird in einem Aufzuchtraum der Firma Ai Fame, in einem ehemaligen Bauernhaus im St. Galler Hinterland.
Unter genau kontrollierten Bedingungen wachsen die Pflanzen hier heran: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichtdauer müssen dafür genau stimmen. «Wir haben rund 60 verschiedene Hanfsorten gezüchtet», erklärt Produktionsleiter Urs Lengweiler, «konzentrieren uns aber auf jene, die besonders viel CBD oder THC enthalten.»
Anwendung in Ausnahmefällen
THC und CBD, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen sind medizinisch die beiden wichtigsten Wirkstoffe im Hanf. Sie können unter anderem bei Krebs, chronischen Schmerzen oder schweren Muskel- oder Nervenerkrankungen wie ALS, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen oder MS, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen helfen.
Profitieren dürfen jedoch nur Patienten, die auf kein anderes Medikament mehr ansprechen. Sie bekommen eine entsprechende Ausnahmebewilligung, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen.
Im Labor ein Stockwerk höher behält der Biochemiker Jörg-Peter Gütlein die Qualität der Cannabis-Pflanzen im Auge und untersucht sie mit verschiedenen Analysegeräten: «Ganz wichtig ist für uns der THC-Gehalt. Dafür müssen wir die Grenzwerte einhalten.»
In der Schweiz ist der Hanfanbau nur für Sorten mit sehr geringem THC-Gehalt erlaubt. Er wird als sogenannter legaler Hanf, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen verkauft. Für den Anbau der speziellen Züchtungen der Ai Fame, die teils sehr viel THC enthalten, braucht es hingegen eine besondere Bewilligung (siehe Kasten).
Ausnahmebewilligung für Cannabis
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erteilte 2016 mehr als 2‘200 Ausnahmebewilligungen für Cannabis-Medikamente. Die Voraussetzungen dafür sind streng: Patientinnen und Patienten müssen austherapiert sein, dürfen also auf kein anderes Medikament mehr ansprechen. Cannabis-Medikamente werden nur für sehr schwere Erkrankungen bewilligt. Markus Jann leitet die zuständige Sektion beim BAG, die jedes Gesuch einzeln prüft. «Die medizinische Nutzung von Cannabis war bei der letzten Gesetzes-Revision im Parlament unumstritten», sagt er. «Aber den Parlamentariern war vielleicht nicht klar, wie eng gefasst diese Möglichkeit einer solchen Ausnahmebewilligung ist.» | |
BAG: Pilotversuche mit Cannabis, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen |
Von der Hanfplantage ins Pharma-Labor
Die geernteten Cannabis-Pflanzen kommen in einen klinisch sauberen Raum. Eine Maschine zerhäckselt die Pflanzen und trennt die Blätter und Stängel ab. Am Ende fallen die reinen Blüten heraus in eine grüne Kiste.
Diese Blüten sind der Rohstoff, der nur gerade 10 Kilometer entfernt weiter verarbeitet wird: in den Labors der Firma Hänseler AG im Industriequartier von Herisau.
Die Firma ist spezialisiert auf die Verarbeitung von Heilpflanzen und beliefert die Schweizer Apotheken mit pflanzlichen Medikamenten, Bachblüten-Essenzen und Hustensirup.
Kein Gramm darf verloren gehen
In einem der Labors zerkleinert der Chemiker Daniel Hirsbrunner mit einem Stabmixer etwa ein halbes Kilo feiner grüner Hanfblüten in einem Topf. «Durch das Zerkleinern wird die Oberfläche vergrössert», erklärt Hirsbrunner. «So lässt sich das THC besser aus den Pflanzen herauslösen.»
Schliesslich spült Hirsbrunner die letzten winzigen Pflanzenteile vom Mixer herunter und zu den fein gehäckselten Blüten im Topf. Das ist das Besondere an der Arbeit mit einer Pflanze, die als Betäubungsmittel , Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnengilt: Kein Gramm davon darf verloren gehen.
«Jedes Jahr müssen wir eine Betäubungsmittelabrechnung machen», erzählt Hirsbrunner, «und gegenüber den Behörden genau belegen, welche Mengen wir eingekauft, verarbeitet und weiterverkauft haben.»
Geheimes Rezept
Schliesslich berechnet Hirsbrunner die Menge an Öl, mit der die Blüten vermischt werden. Dann beginnt der geheime Teil des Verfahrens. «Es braucht spezielle Bedingungen, um das THC aus der Pflanze zu lösen.» Das ist alles, was er sich entlocken lässt.
Einige Stunden später wird das Öl filtriert, analysiert und weiterverarbeitet. Von Herisau aus gelangt dieses Öl an Patientinnen und Patienten überall in der Schweiz.
So steht bei mehreren 100 schwer kranken Menschen ein kleines braunes Fläschchen beschriftet mit «Formula magistralis – 1% THC, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen». Darin enthalten: ein natürliches Cannabis-Medikament, von A bis Z in der Schweiz hergestellt.
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