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Cystische Fibrose Preiskampf auf dem Buckel der Patienten

Adrian Mattmann lebt seit seiner Geburt mit cystischer Fibrose. Tägliches Inhalieren, verschiedenste Medikamente, regelmässig Physiotherapie und Antibiotikakuren bestimmen seinen Alltag.

Jetzt könnte alles anders werden.

Der Grund: Das neue Medikament Trikafta , das in der Schweiz zwar noch nicht zugelassen ist und auch nicht vergütet wird. Mattmann gehört aber zu den wenigen, die es bereits in einem gesponserten Spezial-Programm vom Hersteller bekommen. Das aber nur, weil seine Krankheit schon stark fortgeschritten ist.

Die Wirkung, die sich bei ihm schon nach wenigen Tagen eingestellt hat, ist erstaunlich: Seine Lunge produziert viel weniger Schleim. Das Verlangen nach dem allabendlichen Inhalieren hat deutlich abgenommen. Auch muss er kaum mehr husten. «Das ist ein grosser Unterschied. Sonst hatte ich über den Tag wirklich viel Schleimauswurf.»

Trikafta ist der neue grosse Hoffnungsträger für Patienten mit CF. Das Medikament entstopft in den Zellen einen Kanal so, dass der Flüssigkeitsaustausch der Zellen wieder funktioniert und die Organe wie zum Beispiel die Lunge nicht mehr innerlich verschleimen.

Das Kinderspital Zürich war eines der wenigen Zentren in der Schweiz, das an der Zulassungs-Studie teilnehmen konnte. Der Pneumologe Alexander Möller konnte so bei seinen Patienten mitverfolgen, wie das Medikament wirkt: «Ein solches Resultat haben wir noch nie gesehen. Es weckt die Hoffnung, dass wir diese Krankheit erstmals wirklich behandeln können.»

Messbar ist das vor allem bei der Lungenfunktion. Ein Teil der Patienten in der Studie konnte die Lungenfunktion um bis zu 20 oder sogar 30 Prozent verbessern. Im Durchschnitt über alle 403 teilnehmenden Patienten verbesserte sich mit Trikafta die Lungenfunktion um mehr als 14 Prozent.

Auf dem Papier keine sonderlich beeindruckende Zahl – für den Alltag der Betroffenen aber eine erhebliche Erleichterung.

Dass sich die Begeisterung bei den CF-Patienten hierzulande noch in Grenzen hält, liegt an den Erfahrungen mit dem Vorgängermedikament Orkambi .

Vor drei Jahren auf den Markt gebracht, löste es zunächst ebenfalls Euphorie aus. Wie sich dann zeigte, konnte es die Krankheit «nur» stabilisieren und war auch nur bei einem Viertel der Betroffenen einsetzbar. Der grösste Dämpfer waren aber die Kosten.

Wenn man sieht, welch phänomenale Wirkung Trikafta hat und man nicht weiss, ob sich die Industrie und Behörden einigen können, raubt einem das aber fast den Atem.
Autor: Reto Weibel Co-Präsident CFCH

Von bis zu 190‘000 Franken pro Jahr war die Rede. Für das BAG zu viel. Trotz intensiven Verhandlungen mit dem Hersteller kommt es zu keiner Einigung. Orkambi wird bis heute für einen Grossteil der Patienten nicht vergütet. Die Argumentation: Ein zu hoher Preis im Verhältnis zur Wirkung.

Nun steht das Nachfolgermedikament vor der Einführung – und den hoffnungsfrohen Betroffenen schwant Böses. «Wenn man sieht, welch phänomenale Wirkung Trikafta hat und man nicht weiss, ob sich die Industrie und Behörden einigen können, raubt einem das aber fast den Atem», meint Reto Weibel, Co-Präsident der Patientengesellschaft CFCH .

Reto Weibel weiss wovon er spricht. Er selber hoffte seit Kindheit auf solch ein Medikament. Die Entwicklung kam für ihn aber zu spät. Vor fünf Jahren musste er transplantiert werden, bekam eine neue Lunge und überlebte dies nur ganz knapp.

Trikafta soll Anfang 2020 in der Schweiz zur Zulassung angemeldet werden. Ob es dann in absehbarer Zeit allen CF-Patienten zur Verfügung steht, hängt von den Preisverhandlungen zwischen Hersteller und BAG ab. Reto Weibel hofft, dass sie nicht ähnlich zäh verlaufen wie im Fall Orkambi, denn «Menschen mit CF haben keine Zeit zum Warten. Hier geht es um Leben oder Tod.»

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