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Der Pollenradar kommt Die Tage des Zählens sind gezählt

Seit 1971 wird die Pollendichte in der Luft unter dem Mikroskop bestimmt. Künftig soll ein Laser Echtzeitdaten liefern.

Fürs Auge sind sie unsichtbar, aber 1,5 Millonen Menschen in der Schweiz spüren sie: Die Pollen, die derzeit in der Luft umherschweben und Allergiker in allen möglichen Formen plagen.

Ziemlich frisch von jungen Ingenieuren entwickelt, stehen im Moment zwei Geräte auf dem Dach von Meteo Schweiz. Eines stammt vom Luzerner Start-Up Swisens , hervorgegangen aus der Hochschule Luzern, das andere Gerät von der Genfer Firma Plair .

Beide Geräte sollen die Messung von Pollen revolutionieren, indem sie die Pollenintensität in Echtzeit messen und die Daten umgehend Pollenallergikern zur Verfügung stellen – ähnlich einem Regenradar.

Heute: Karte mit veralteten Daten

Was vielen Pollenallergikern nicht bewusst ist: Die Pollenflug-Karte von Meteo Schweiz zeigt keine aktuellen Daten, sondern die von letzter Woche. Grund für die eigentlich veraltete Datenlage auf der Karte ist das Messsystem, mit dem die Pollenintensität seit 47 Jahren gemessen wird.

Handarbeit seit 1971

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In der ganzen Schweiz sind 14 Pollenmessgeräte verteilt.

In den manuell betreibenen Pollenfallen von Meteo Schweiz werden die Pollen mittels Klebeband «festgehalten».

Wöchentlich werden die Klebebänder ausgewechselt und per Post ins Analysezentrum in Payerne geschickt. Dort werden sie von Mitarbeitern unter dem Mikroskop bestimmt und ausgezählt. Erst dann werden die Daten veröffentlicht.

Warum sich dies altmodisch wirkende Messverfahren so lange gehalten hat, ist schwierig zu sagen. Die Technologie brauchte wohl ihre Zeit, denn um Daten schnell zu erheben und zu verarbeiten, braucht es viel Rechenpower. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben diesbezüglich viel Fortschritt gebracht.

Morgen: Pollenradar in Echtzeit

Neu werden die Pollen von einem Laser gemessen. Der Laser strahlt die von der Messstation gesammelten Pollen an, was das Erkennen von Farbe, Form und biochemischer Zusammensetzung der Polle ermöglicht. Das System zählt die verschiedenen Pollenarten und gibt die Daten an einen Computer weiter, der sie sekundenschnell analysiert und via drahtloses Netzwerk versendet.

Allergologen sind vom Konzept eines aktuellen Pollenradars sehr angetan, denn Pollenallergiker könnten ihren Alltag damit einiges besser gestalten.

  • So wäre beispielsweise klar, ob an einem Ausflugsort gerade eine hohe Pollenbelastung herrscht und vorsichtshalber Medikamente eingenommen werden sollten – oder ein anderes Ausflugsziel besser geeignet wäre.
  • Auf den Alltag bezogen würden aktuelle Informationen die Entscheidung erleichtern, ob für den Arbeitsweg statt des Velos ein Tram oder vielleicht das klimatisierte Auto genommen werden soll.
  • Schwer betroffene Pollenallerger könnten schon früh beginnen, einen medikamentösen Schutz aufzubauen.

Ally App – Symptom-Karte in Echtzeit

Das Bedürfnis nach Echtzeitdaten ist nicht nur bei der Erfassung der Pollenintensität gewachsen, auch die Allergologen selber wollen die Erforschung der Pollenallergie auf diesem Weg vorantreiben.

Die Allergologen der Allergiestation des Universitätsspitals Zürich haben dazu die App Ally Science entwickelt. Wer die für Android und iOS verfügbare Applikation auf sein Smartphone lädt, kann eine Art Tagebuch seiner Pollenallergie-Symptome führen.

Mit wenigen Klicks kann angegeben werden, an welchen Symptomen man gerade leidet, wie stark die Symptome sind und wo man sich befindet. Das Ziel der Entwickler ist dabei die Datensammlung von möglichst vielen Allergikern in möglichst vielen verschiedenen Regionen der Schweiz.

Zunächst einmal möchte man gerne mehr erfahren über die verschiedenen Allergiearten und ihre regionale Verteilung in der Schweiz. Auch über die Zusammenhänge zwischen Symptomstärke und Pollenverteilung erhofft man sich neue Aufschlüsse.

Daten sollen Zusammenhänge zeigen

Eine Art Symptomkarte der Schweiz, verbunden mit Daten eines nationalen Pollenradars, würde laut Fachleuten enorme Erkenntnisse bringen, die am Ende zu einer genaueren Diagnose, spezifischeren Behandlung und einer besseren Überprüfung der Wirksamkeit führen könnte.

Zwei bis vier Jahre müssen die Allergologen und Allergiker allerdings schon noch auf den Pollenradar warten.

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