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Der Rollstuhl ist das kleinste Handicap

Nicht mehr gehen zu können, ist nur ein Problem einer Querschnittlähmung. Wird das Rückenmark verletzt, funktioniert im Körper vieles nicht mehr. Motorik, Empfindung, aber auch Funktionen wie die Blasenentleerung sind betroffen.

Ein Motorradsturz, ein Sportunfall, ein Sturz von der Leiter: Viele kommen mit dem Schrecken davon. Für andere beginnt ein besonders anfangs schwerer Weg – das Leben mit einer Querschnittlähmung.

Blase und Darm kontrollieren

Unannehmlichkeiten ergeben sich schon bei ganz alltäglichen Dingen. Mit dem Rollstuhl nicht überall hinzukommen, zu niedrig für hohe Kaufhausregale zu sitzen oder plötzlich vor Stufen oder unüberwindbar hohen Bordsteinen zu stehen, ist dabei nur die eine Seite.

Auch die Darm- und Blasenentleerung funktioniert in vielen Fällen nicht mehr wie zuvor. Das erfordert einerseits den geschulten Umgang damit, den Blasenkatheter zu legen – ein sehr wichtiger Punkt, denn früher sind Querschnittgelähmte häufig an Nierenleiden gestorben, verursacht durch Rückstau von Urin und Harnwegsinfekten.

Ist die Darmentleerung gestört, können Abführmittel die Darmtätigkeit wieder anregen. Viele Betroffene arbeiten neben Einlagen auch mit lokal wirkenden Abführmitteln. Ein nach der Entleerung eingeführter Tampon kann kleine Mengen Stuhl auffangen.

Unbemerkte Druckstellen

Auch mit indirekten Folgen müssen Betroffene lernen, umzugehen. Eine solche Folge sind Druckgeschwüre (Dekubitus). Sie entstehen durch Druckstellen, die nicht mehr durchblutet sind.

Die offenen Wunden, die sich bilden, brauchen oft Monate, um zu heilen und wieder belastbar zu sein – eben weil es die Stellen sind, die beim vielen Sitzen oder Liegen am meisten strapaziert werden. Für Menschen mit Querschnittlähmung ist es deshalb wichtig, ihren Körper jeden Abend genau nach Druckstellen abzusuchen, denn sie können sie nicht spüren.

Problem Überlastung und Unterforderung

Von einem Tag auf den anderen funktioniert ein Teil des Körpers nicht mehr – und ein anderer muss diese Ausfälle kompensieren. Das ist zum Beispiel mit Schultern und Armen der Fall. Sie sind plötzlich via Rollstuhl nicht nur für die Fortbewegung zuständig, sondern leisten auch bei alltäglichen Dingen Schwerarbeit – beispielsweise beim Versuch, den bewegungsunfähigen Beinen Socken anzuziehen oder sich ins Auto zu hieven. Im Laufe der Jahre bereiten dann Schulter-, Arm- oder Handgelenke infolge der Überbelastung Probleme.

Aber auch der Mangel an Belastung und Bewegung ist ein Risiko: Knochen werden porös, weil sie nicht mehr beansprucht werden. Osteoporose entsteht.

Schmerzhaft verkrampft

Eine weitere lästige und mitunter auch schmerzhafte Folge einer Querschnittlähmung sind Spastiken. Diese unkontrollierbaren Muskelverkrampfungen entstehen, weil im Rückenmark die Nervenverbindungen vom Gehirn unterbrochen sind, die für die Feinsteuerung im Gehirn verantwortlich sind.

Die Nervenreize aus dem Rückenmark verselbständigen sich und aktivieren Muskeln, ohne dass das Gehirn diese Aktivierung steuern kann. Diese fehlende Feinsteuerung kann bewirken, dass Beine, Arme oder Hände sich reflexartig zu bewegen beginnen und an Hindernisse anschlagen. Verletzungen sind dann nicht selten – gebrochene Zehen beispielsweise, die Betroffene aber nicht spüren können. Physiotherapeuten versuchen, diese Verkrampfungen wieder zu lösen. Spasmen verdienen auch deshalb viel Aufmerksamkeit, weil sie ein Alarmsignal sein können, dass im Körper etwas nicht stimmt, z. B. ein Harnwegsinfekt oder Dekubitus besteht.

Nicht nur den Umgang mit körperlichen Erschwernissen müssen Querschnittgelähmte lernen, auch sich im Bett umzudrehen oder ein behindertengerechtes Auto zu fahren will erst gelernt sein. Eine gute Reha ist deshalb Gold wert. Fünf spezialisierte Rehabilitationszentren gibt es in der Schweiz:

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