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Disziplinierte Diabetiker haben länger Freude am Leben

Rund 500‘000 Schweizer sind zuckerkrank. Mit einer angepassten Lebensweise können Betroffene viel dazu beitragen, dass sie ihre Lebensqualität erhalten und Spätfolgen unter Kontrolle halten können.

Wer es zu Beginn verpasst, seinen Stoffwechsel richtig einzustellen, muss mit zum Teil massiven Spätfolgen rechnen. Blutgefässe und Nerven nehmen durch dauerhaft erhöhten Blutzucker Schaden. Vor allem die Arterien und kleinsten Blutgefässe, die das Blut vom Herzen zu den Organen und Muskeln transportieren, reagieren sehr sensibel. Sämtliche Organsysteme laufen dadurch Gefahr, geschädigt werden. Es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und Erblindung.

Das auf den ersten Blick Erstaunliche: Diabetes-Patienten wissen durchaus um ihre möglichen Spätfolgen. Trotzdem sind sie häufig nicht in der Lage, ihren Lebensstil entsprechend anzupassen. Diabetes-Arzt Frank Achermann kennt viele solcher Fälle aus seinem Praxisalltag. «Betroffene reagieren meist erst, wenn der Leidensdruck gross genug ist. Nur ist es dann bei Diabetes meist schon zu spät.»

Zur Krankheit stehen

In der Schweiz geht man von bis zu einer halben Million Betroffener aus. Das ist jeder sechzehnte Einwohner. Als Diabetiker ist man also kein Einzelfall, schon längst ist Diabetes auch kein Tabu mehr – und doch tun sich viele schwer damit, sich zu outen. «Ich kenne Fälle von Unternehmern und Managern, die sich im Berufsleben um keine Entscheidung drücken. Aber nicht fähig sind, ihrem Umfeld zu sagen, dass sie Diabetiker sind», so die Erfahrung von Frank Achermann.

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Krankheit wird immer noch als Schwäche betrachtet. Dabei wäre es enorm wichtig, sich auch im beruflichen Umfeld entsprechend zu verhalten. Wer jedes Geschäftsessen mitmacht, jeden Businessapéro besucht und immer den selbst gebackenen Kuchen der Sekretärin probiert, wird seine Blutzucker-Werte nie in den Griff bekommen. Achermann empfiehlt, das Umfeld miteinzubeziehen. Er und sein Team führen dazu erfolgreiche Mediationen mit Betroffenen und deren Lebenspartnern durch.

Kein unmittelbarer Erfolg

Diabetiker können das meiste, was Gesunde auch können. Allerdings sind sie in ihrer Spontanität eingeschränkt. Der Blutzucker muss regelmässig gemessen werden, wer Insulin benötigt, muss die Spritz-Ess-Abstände genau einhalten. Das erfordert strenge Disziplin. Und, was besonders schwierig ist: Der Erfolg ist nicht unmittelbar spür- und messbar.

Frank Achermann fasst es folgendermassen zusammen: «Man braucht eine gewisse Abstraktionsfähigkeit um dieses kontrollierte Handeln über lange Zeit durchzuziehen. Es ist eben nicht so, dass Schmerzen verschwinden oder irgendetwas besser wird. Es geht darum, dass es nicht schlechter wird.»

Der Wunsch nach langfristiger Gesundheit muss vorhanden sein und die Bereitschaft, sein Leben danach auszurichten.

Aktiv vorbeugen

Regelmässige Bewegung und ausgewogene Ernährung können den Diabetes Typ 2 verhindern oder zumindest hinauszögern. Dies belegen Studien. Prävention wäre also ein wichtiger Schritt, um die steigende Zahl von neuen Diabetesfällen zu mindern. Hört man sich aber bei den Krankenkassen um, wird ein ernüchterndes Bild gezeichnet: Die meisten Versicherer bieten keine Prävention an. Fachleute bemängeln diese Situation. Doris Fischer von der Schweizerischen Diabetes-Gesellschaft: «Unser Gesundheitssystem betreibt Reparaturmedizin. Wenn man weiss, dass ein Diabetes-Patient mit massiven Spätfolgen um die 100'000 Franken pro Jahr kostet, müsste man doch viel mehr in die Prävention stecken.»

Diabetes ist nicht gleich Diabetes

  • Beim Diabetes Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Diese entsteht, wenn die Betazellen der Bauchspeicheldrüse, welche das für die Regulierung des Blutzuckers notwendige Insulin herstellen, vom Immunsystem des Körpers zerstört werden. Menschen mit Diabetes Typ 1 sind lebenslang auf die Gabe von Insulin angewiesen, Heilungsmöglichkeiten bestehen bisher nicht.
  • Beim Diabetes Typ 2 («Alterszucker») produziert die Bauchspeicheldrüse zwar weiterhin Insulin, jedoch nicht genügend oder der Körper kann es nicht mehr wirksam verwenden, um Blutzucker in Energie umzuwandeln. Die Entwicklung des Typ-2-Diabetes wird begünstigt durch Erbfaktoren, Übergewicht und Bewegungsmangel. Er tritt in den meisten Fällen erst ab dem 40. Lebensjahr auf, vermehrt sind aber auch jüngere Menschen mit starkem Übergewicht betroffen.

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