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Eiskalter Fitness-Trend Kältetherapie: Frieren für die Gesundheit

Weniger Muskelkater, schnellere Regeneration: Sportler und Sportlerinnen schwören auf Kältekammern – nicht nur sie.

Auch wenn man bei Schmerzen intuitiv lieber Wärme mag, nützt Kälte oft besser: Kälte fördert viele Regenerationsprozesse im Körper. Immer beliebter bei Sportlerinnen sind Kältekammern.

Bei der Ganzkörper-Kältetherapie, auch Kryotherapie genannt, begibt man sich im Badeanzug für drei Minuten in eine Kältekammer und lässt die eisigen Temperaturen, konkret Minus 110 Grad, auf den Körper wirken.

Auch Petra Klingler, die beste Sportkletterin der Schweiz, wagt sich regelmässig in die Kältekammer: «Nach der Kältekammer fühlt sich mein Körper total regeneriert an, sogar nach harten Trainings. Und ich stelle eine Leistungssteigerung fest.»

Mental fühlt sie sich nach der Kältekammer fokussiert und ist motiviert fürs nächste Training.

Kälte ist entzündungshemmend

Bei einem Kälteschock, wie wir dies zum Beispiel in einer Kältekammer erleben, schüttet unser Körper Stresshormone aus. Das Hormon Cortisol hat eine entzündungshemmende Wirkung. 

Sportarzt Johannes Scherr von der Universitätsklinik Balgrist in Zürich bestätigt: «Nach akuten, hochintensiven Belastungen, wie zum Beispiel einem Marathonlauf, ist bei der Kryotherapie ein antientzündlicher Effekt erkennbar, wie auch auf die Muskelschmerzen und die Erholung.» 

Bei Entzündungen ist eine Wärmebehandlung wie Benzin ins Feuer.
Autor: Johannes Scherr Sportarzt

Sportarzt Scherr unterscheidet: «Bei akuten, lokalen Verspannungen setzt man Wärme ein. Doch bei Entzündungen ist eine Wärmebehandlung wie Benzin ins Feuer – die Entzündung lodert noch mehr auf.» Da sollte man mit Kälte therapieren.

Kälte kann auch bei Rheuma helfen

Nicht nur für Sportlerinnen und Sportler kann Kältetherapie wirksam sein. Auch bei verschiedenen Erkrankungen wird diese bereits eingesetzt.

Viele Rheumabetroffene geben zwar an, dass sie nasskaltes Wetter schlecht ertragen. Trotzdem kann ihnen Kälte als Therapie helfen.

Martina Rothenbühler von der Rheumaliga Schweiz erklärt: «Wir kennen alle die Wirkung von Kälte: Bei Fieber ein nasses Tuch auf die Stirn legen oder ein kühlendes Gel auf den Mückenstich auftragen. Kälte hat durchaus ihren Platz in der Rheumatherapie.» 

Verschiedene Studien haben bestätigt, dass Kälte zumindest kurzfristig bei Rheuma Schmerzen lindern kann. Denn Kälte beeinflusst die Leitfähigkeit von Schmerzsensoren. Bei der Behandlung mit Kälte wird das Schmerzsignal auf dem Weg ins Gehirn unterdrückt.

Weil der Schmerzreiz erst im Hirn wahrgenommen wird, verringert sich so das Schmerzempfinden.

Kältetherapie nach Knieoperationen

Eine mögliche weitere Anwendung der eiskalten Therapie wird derzeit untersucht. Forschende stellen sich die Frage: Welchen Effekt hat Kälte auf den Heilungsprozess nach einer Kniegelenkprothesen-Operation?

Dazu läuft am Regionalspital Ilanz eine Studie, in Zusammenarbeit mit der internationalen Hochschule für Physiotherapie in Landquart.

Direkt nach der Operation kühlte das Forschungsteam das Knie der Operierten mit einer speziellen Kältemanschette auf 13 Grad herunter, für mehrere Male. «Mir hat die Kältetherapie gutgetan», erzählt die 74-jährige Studienteilnehmerin Madeleine Graber. «Ich hatte nach der Operation nie Schmerzen.»

Erste Ergebnisse der Studie bestätigen: Schwellungen und Entzündungen nach der Knieoperation gehen dank Kälte schneller zurück und es braucht weniger Schmerzmittel.

Auch wenn die wenigsten gerne frieren: Kälte kann also durchaus heilsam sein.

Puls, 29.01.2024, 21:05 Uhr

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