Milch ist ein hochkomplexes Lebensmittel mit zahlreichen Inhaltsstoffen in unterschiedlichsten Konzentrationen. Als wichtigste Komponenten enthält sie unter anderem Kalzium, Magnesium, Phosphor sowie Zink und diverse Vitamine.
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Ausserdem ist die Milch ein guter Lieferant für Energie und Fett mit sowohl gesättigten, als auch einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sie enthält weiter ein hochwertiges Milchprotein, das alle neun lebensnotwendigen Aminosäuren zur Verfügung stellt.
Trotzdem wird seit Jahren kontrovers und heftig darüber diskutiert, ob Milch für den Menschen tatsächlich so gesundheitsfördernd sei, wie sie in unserem Kulturkreis beworben wird.
«Puls» hat drei Aspekte näher unter die Lupe genommen:
1. Wenn Kinder allergisch auf Milcheiweiss reagieren
Die Kuhmilchallergie ist bei Säuglingen und Kleinkindern die häufigste Nahrungsmittelallergie. Rund zwei Prozent – also zwei von 100 Babys – sind davon betroffen. Kuhmilch ist allerdings auch eines der ersten Nahrungsmittel, das Kleinkinder nach der Muttermilch zu sich nehmen. Daher ist es umso auffälliger, wenn sie negative Reaktionen auslöst.
Bei Säuglingen bis zum achten Monat ist das Immun- und Verdauungssystem noch nicht voll entwickelt. Die Fremd-Eiweisse können nicht vollständig abgebaut bzw. verwertet werden. Allergisch veranlagte Kinder können sich deshalb besonders leicht auf Kuhmilch sensibilisieren. Die dabei von ihrem Immunsystem gebildeten Milcheiweiss-Antikörper lösen bei jedem weiteren Kontakt mit – oft schon kleinsten Mengen – Milch eine allergische Reaktion aus. Typische Symptome sind Hautausschläge im Gesicht, Nesselfieber, Bauchkrämpfe oder Atembeschwerden.
Diagnostiziert wird eine Milchallergie durch einen Haut- und/oder Bluttest. Häufig sind auch sogenannte Provokationstests notwendig. Dann wird dem Kind in kleinen Mengen Milch verabreicht.
Ist ein Kind allergisch auf Kuhmilch, muss es gänzlich darauf verzichten. 80 bis 90 Prozent der Kleinkinder verlieren bis zu ihrem dritten Lebensjahr ihre Milchallergie jedoch allmählich wieder und haben als Erwachsener keine Probleme mehr mit Milch und Milchprodukten.
2. Das Problem der Erwachsenen mit Laktose und Laktase
Der Milchzucker (Laktose) ist eine Zuckerart, die nur in der Milch vorkommt. Er ist aus den beiden Einfachzuckern Glukose (Traubenzucker) und Galaktose aufgebaut. Der Milchzucker liefert Energie und schmeckt trotz seines Namens nicht besonders süss. Da nur Einfachzucker vom Darm ins Blut aufgenommen werden kann, muss der Milchzucker zuerst mit Hilfe des Verdauungsenzyms Laktase in seine beiden Bestandteile aufgespaltet werden. Fehlt die Laktase, gelangt der Milchzucker in den Dickdarm, wo er den dortigen Bakterien als Nahrung dient. Dabei kommt es unter anderem zu Blähungen, Magenkrämpfen und Durchfall.
Bei Kleinkindern während der Stillzeit ist die Produktion des Verdauungsenzyms Laktase voll ausgeprägt. Dass es bis ins Erwachsenenalter weiter produziert wird, ist eine genetisch recht «junge», nur rund 6000 Jahre alte Entwicklung.
Erwachsene, die heutzutage beim Verzehr von Milch und Milchprodukten Beschwerden bekommen, könnten an einer Laktoseintoleranz leiden, einer Milchzuckerunverträglichkeit. Sie haben weitgehend oder ganz aufgehört, das Enzym Laktase zu bilden.
In Europa sind etwa 10 bis 15 Prozent aller Erwachsenen davon betroffen, in weiten Teilen Afrikas und Asien hingegen die grosse Mehrheit. Milch und Milchprodukte wurden dort nie fester Bestandteil der Ernährungskultur.
Wer unter einer Laktoseintoleranz leidet, muss nicht gänzlich auf Milch und Milchprodukte verzichten. Als Alternative bieten sich laktosefreie Kuhmilch und Kuhmilchprodukte an, oder Hartkäsesorten, wo der Milchzucker während des Reifeprozesses bereits vollständig abgebaut ist. Auch Joghurts weisen durch die enthaltenen Milchsäurebakterien nur noch geringe Mengen an Milchzucker auf. Schliesslich gibt es Ersatzprodukte aus Reis oder Soja.
Testen Sie Ihre persönliche Milchzuckertoleranz. Nur selten ist ein völliger Verzicht auf Milchzucker nötig. Oft reicht eine milchzuckerarme Ernährung. Meistens verursacht nur die reine Milch Beschwerden.
- Finden Sie Ihre individuell gut tolerierte Menge an Milch oder Milchprodukten durch langsames Steigern der Portionsgrössen selber heraus.
- Führen Sie zum Beispiel ein Esstagebuch über Menge und Art des konsumierten Produkts. Beim Auftreten von Beschwerden können Sie einfacher zurückverfolgen, was diese ausgelöst hat.
- Milch und Milchprodukte werden besser vertragen, wenn sie regelmässig über den Tag verteilt und als Bestandteil einer Mahlzeit genossen werden, also zusammen mit anderen Nahrungsmitteln.
3. Dickmacher Vollmilch?
In einem 2-Deziliter-Glas Vollmilch mit 3,5 Prozent Fett stecken etwa 24 Milligramm Cholesterin. Bei gesunden Menschen hat die Zufuhr von Nahrungs-Cholesterin jedoch keinen Einfluss auf den Blutcholesterinspiegel, da die körpereigene Cholesterinsynthese je nach Höhe der Zufuhr aus der Nahrung angepasst wird. Eine der aktuellsten und bisher grössten Übersichtsstudien ergab, dass Milchtrinker kein erhöhtes Risiko für Erkrankungen der Herzkranzgefässe aufweisen.
Wer auf sein Gewicht achten muss, tut gut daran, hochenergetische oder nährstoffarme Lebensmittel zu meiden. Milch liefert im Verhältnis zur Energie sehr viele wertvolle Nährstoffe. Fettreduzierte Milch enthält gleich viele Mineralstoffe und wasserlösliche Vitamine wie Vollmilch. Hingegen ist der Gehalt an fettlöslichen Vitaminen A, D und E bei der teilentrahmten Milch reduziert, bei Magermilch fehlen sie gänzlich.
Die Kalorienmenge, die sich mit fettreduzierter Milch gegenüber Vollmilch einsparen lässt, ist jedoch bescheiden. Ein Glas Milchdrink mit einem Fettgehalt von 2,7 Prozent liefert nur 18 kcal weniger als dieselbe Menge Vollmilch.