Befinden wir uns auf einem Schiff, das sich mit den Wellen bewegt, meldet unser Innenohr dem Gehirn konstant: «Es wackelt! Der Boden ist nicht stabil!».
Im menschlichen Gehirn gibt es zwei Grundprinzipien: Gas geben und bremsen. Bei starkem Seegang erhält das Gehirn vom Innenohr, dem Sitz unseres Gleichgewichtsorgans, derart viele Meldungen, dass es völlig überreizt ist, dauernd Gas gibt und hektisch versucht, auf die Flut von Inputs zu reagieren. Was den Körper schliesslich derart überfordert, dass wir seekrank werden.
Das Gehirn bremst deshalb mit der Zeit seinen Einsatz und hemmt den Einfluss des Innenohrs, damit es nicht dauernd von dessen Informationen überschwemmt wird. Das gibt dem Körper die Chance, sich an das neue Lebensgefühl zu gewöhnen – und mit der Zeit fällt die ständige Bewegung des Schiffs unter unseren Füssen gar nicht mehr auf.
Sobald wir allerdings das Schiff verlassen und wieder festen Boden unter den Füssen haben, muss sich das Gehirn erst wieder auf die veränderten Bedingungen einstellen. Das kann wieder ein Weilchen dauern – je nach dem, wie lange man auf dem Schiff war. Der Zeitraum variiert jedoch von Person zu Person erheblich.
Das Hirn braucht also eine gewisse Zeit, um «Gaspedal» und «Bremse» neu zu justieren. Das zeigt sich auch in anderen Fällen: Beispielsweise, wenn es einem nach einem lauten Konzert weiterhin in den Ohren dröhnt. Oder wenn man nach einer langen Autofahrt das Gefühl hat, immer noch in Bewegung zu sein, obwohl man längst angekommen und ausgestiegen ist.
Unser Gehirn ist eben ein Gewohnheitstier.