Anders als die meisten Menschen findet Guy German Falten einfach toll. Oder zumindest sehr spannend. Er forscht an der Universität Binghamton, New York, an weichen Materialien – wie zum Beispiel Haut. Ihn interessiert, wie und warum sich Strukturen und Falten in solchen Materialien bilden. Jetzt hat er vielleicht «Wasserfingerabdrücke» entdeckt.
Konstante Schrumpelmuster
Nach einer öffentlichen Vorlesung fragt ihn ein Kind: «Bilden sich die Falten an den Fingern immer an der gleichen Stelle?» Gefragt, getan. German macht ein Experiment, das zum Nachahmen einlädt: Er lässt einige Personen ein längeres Handbad nehmen, fotografiert die Runzeln und wiederholt das Prozedere einen Tag später.
Die Falten kartiert er danach und analysiert ihre Verteilung und Richtung genau. Und kann so beweisen, was schon mit freiem Auge erkennbar ist: Das Schrumpelmuster einzelner Finger wiederholt sich.
Das Resultat ergibt Sinn und passt zum Mechanismus, der Schrumpelfinger entstehen lässt. Lange dachten Forschende, es läge an der Art, wie das Wasser in die Hautzellen eindringt und so die Haut aufquellen lässt – der sogenannten Osmose. Doch das stimmt nur zum Teil und erklärt die Falten nicht.
Nerven reagieren auf Wasser
Die Falten entstehen, weil unsere Nerven reagieren. Sind Finger längere Zeit im Wasser, senden sie ein Signal an die kleinen Blutgefässe unter der Haut. Das sorgt dafür, dass sich die Blutgefässe zusammenziehen – und so entstehen die Falten.
«Die kleinen Blutgefässe verändern ihre Position nicht besonders stark – sie bewegen sich nur ein wenig. Also sollten sich die Falten auf die gleiche Weise bilden. Wir haben bewiesen, dass sie es tun», zeigt sich Guy German wenig überrascht und doch auch erfreut.
Gut für die Spurensuche – eventuell sogar bei Mord
Denn für Guy German ist das Ergebnis nicht nur «nice to know». Er sieht auch schon praktische Anwendungen. In der Forensik zum Beispiel, bei der Fingerabdruckanalyse an Tatorten. Oder beim Identifizieren von Leichen, die längere Zeit im Wasser lagen. Germans Vater, ein pensionierter britischer Polizist, war im Laufe seiner Karriere mit genau solchen Herausforderungen konfrontiert.
Der Wasserfingerabdruck
Hat also jeder Mensch einen einzigartigen «Wasserfingerabdruck»? Für den Faltenforscher spricht sehr viel dafür. Doch noch hat er die Einzigartigkeit der Muster – zwischen verschiedenen Personen und unterschiedlichen Fingern – nicht systematisch untersucht. Das wird seine nächste Studie.
German geht sogar noch weiter. Er will versuchen, anhand der Runzelmuster die Blutgefässe in den Händen nicht-invasiv zu kartieren. Dazu plant er als erstes, die Falten mit den darunterliegenden Blutgefässen abzugleichen. Ein Venen-Visualisierungsgerät ist schon bestellt.