Wenn wir altern, leidet vor allem das Gehirn. Es ist eines der meist betroffenen Organe im Alterungsprozess. Die Folgen davon können sein, dass wir uns weniger gut an Sachen erinnern, unsere Aufmerksamkeit nachlässt und es eine feinmotorische Herausforderung darstellt, die Zähne zu putzen. Was dagegen hilft?
Es ist bereits länger bekannt, dass Fasten oder Diäten positive Effekte aufs Altern haben und gar das Leben verlängern können. Beispielsweise kann weniger Essen das Risiko für Stoffwechselerkrankungen, Krebs oder Entzündungen senken.
Das zeigen Studien an über 30 Tierarten
, darunter an Mäusen, Fliegen, Würmern sowie Primaten. Einige Effekte konnten auch an Menschen nachgewiesen werden.
Diät leitet sich aus dem griechischen «diaita» ab und kann als «Lebensführung» oder «Lebensweise» übersetzt werden. Unter dem Begriff werden heute unzählige Ernährungsformen gefasst. Eine grobe Übersicht:
Kalorieneinschränkung:
Man ernährt sich von den gleichen Lebensmitteln wie vorher, nur isst man weniger davon. In Studien der Altersforschung wird dies oft mit Mäusen oder Fliegen gemacht, indem den Tieren insgesamt weniger Futter gegeben wird. Für Menschen gilt diese Ernährungsweise als überholt: «Wer die Ernährung für seine Gesundheit umstellt, sollte nicht nur auf die Anzahl Kalorien achten», sagt der Biologe und Altersforscher Sebastian Grönke. Zudem bestehe die Gefahr einer Mangelernährung, denn nicht alle Nahrungsbestandteile können gleichermassen reduziert werden, ohne gesundheitliche Folgen mit sich zu ziehen.
Intermittierendes Fasten oder Intervallfasten:
Beispielsweise wird während acht Stunden normal gegessen und während 16 Stunden nichts gegessen (16:8). Die Fastenzeit zwischen den Mahlzeiten kann variiert werden. So gilt bei der 5:2-Methode: An fünf Tagen in der Woche ganz normal essen und an zwei Tagen fasten. Bei einer Fastenwoche unter professioneller Begleitung werden oft gewisse Lebensmittel wie Alkohol, Kaffee oder Fleisch reduziert und auf Flüssigkeit wie Suppen oder Säfte umgestellt.
Der Biologe des Max-Planck-Instituts sagt: «Eine Diät, um als Mensch optimal zu altern, konnten Wissenschaftler bisher nicht finden.»
Aus evolutionärer Sicht macht das durchaus Sinn: «Früher hatten wir nicht ständig Zugang zu Nahrung. Unsere Physiologie ist besser an ein Szenario angepasst, in dem wir abwechselnd hungrig und satt sind», erklärt Sebastian Grönke, der am Max-Planck-Institut biologische Mechanismen des Alterns erforscht.
Doch warum genau gewisse zelluläre Prozesse reibungsloser ablaufen, wenn wir weniger essen oder über eine gewisse Zeit hungern, da tappt die Forschung noch im Dunkeln. Klar ist, dass sich im Laufe des Lebens viele biologische Fehler anhäufen, beispielsweise beschädigte Proteine, oder Zellen, die ihre Funktionen verlieren, oder DNA-Schäden, die nicht gut repariert werden. Denn eben diese Reparaturmechanismen ermüden im Alter.
Wenn Fliegen Diäten machen
Nun haben
Forschende aus den USA ein Gen identifiziert
, das mit dem Abbau von beschädigten Proteinen zusammenhängt. Dazu wurden Fliegen auf Diät gesetzt – ihnen also weniger Futter gegeben. Bei einem Teil der Fliegen entfernten die Forschenden das Gen namens «mustard» (mtd) im Hirn. Die Fliegen ohne das mustard-Gen lebten weniger lange und waren anfälliger für altersbedingte Erkrankungen. Mit dem Verlust des Gens ging also auch der positive Effekt der Diät verloren.
Wenn den Fliegen das Gen im Hirn wieder eingesetzt wurde, verlangsamte sich der Alterungsprozess wieder. Denn das Gen interagiert mit einer wichtigen Funktion namens Retromer, schreiben die Forschenden im Paper. «Der Retromer ist eine Art Sortiermaschine, die hilft, dass Proteine in der Zelle an den richtigen Ort geschickt und entweder recycelt oder abgebaut werden», sagt Grönke und betont, dass dies nur eine der Aufgaben des Retromers sei.
Hoffnung für Parkinson- oder Alzheimer-Betroffene
Wenn dieser Retromer in der Zelle nicht richtig funktioniert, kann das zu Problemen beim Proteintransport und bei weiteren Zellfunktionen führen. Das gilt für alle Zellen in unserem Körper. Im Gehirn könnte das zudem eine Rolle spielen bei der Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer, schliessen die Forschenden. So lautet die Hoffnung der amerikanischen Forschenden, hier einen möglichen Hebel gegen diese Krankheiten gefunden zu haben.
Das Gen OXR1
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Das Äquivalent zum Fliegengen «mustard» beim Menschen heisst «OXR1». Das Gen OXR1 wurde bereits mit vielen anderen zellulären Prozessen in Zusammenhang gebracht, die für die das Überleben von Neuronen wichtig sind. Beispielsweise bei der Regulation von oxidativem Stress oder der Modulation von Entzündungsprozessen.
Neu ist die Rolle von OXR1 in der Regulation des Retromers. Und diese Erkenntnis lässt besser verstehen, was genau im Hirn bei Alterungsprozessen vorgeht. Die Funktion von «mustard», beziehungsweise OXR1, ist aber trotzdem nur eines von vielen Puzzlestücken.
Würden Sie auf einen Viertel der Mahlzeiten verzichten?
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Gilt das, was bei der Fliege gilt, auch für uns Menschen? «Ein Vorteil ist, dass die Gene, die den Alterungsprozess kontrollieren, bei allen Spezies recht gut konserviert sind», so der Biologe Sebastian Grönke. Trotzdem bemängelt er, dass es kaum langzeitliche Humanstudien gibt.
Kurzfristige Studien wie das Calerie-Experiment
zeigen allerdings, dass eine reduzierte Nahrungsaufnahme auch im Menschen positive Effekte auf die Gesundheit hat.
Und letzten Endes könnte es bei der Umsetzung der Nahrungseinschränkung hapern, egal, wie viele positive Effekte Forschende noch entdecken. «Es ist deutlich einfacher, Fliegen oder Mäusen 40 Prozent weniger Futter zu geben, als selbst auf umgerechnet etwa ein Viertel seines Essens zu verzichten», sagt Grönke des Max-Planck-Instituts.
Oder würden Sie das schaffen – ein Leben lang? Bei Mäusen zeigt sich nämlich: Sobald die Nagetiere wieder mehr Futter vertilgen, gehen die positiven Effekte auf die Gesundheit und die Lebensdauer zurück.
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