Liegt die Zukunft von medizinischen Anwendungen in der Vergangenheit? «Ja», sagen Mediziner, die sich mit evolutionärer Medizin befassen. Dabei werden Mumien untersucht, die Hunderte oder Tausende Jahre alt sind. Ziel der Untersuchungen ist es herauszufinden, an welchen Krankheiten Menschen vor Urzeiten litten oder starben und wie sich der Mensch über viele Generationen bezüglich Leiden verändert hat.
Die moderne «Arterienverkalkung»?
Beispiel Arteriosklerose: Die «Arterienverkalkung» ist Auslöser für Ischämie, Thrombosen, Angina pectoris, Herzinfarkt oder Schlaganfall und ist in den westlichen Industriestaaten eine der häufigsten Todesursachen. Die Erkrankung wird auf Bewegungsmangel und schlechte Ernährung zurückgeführt – also klassische Übel der Neuzeit. Nun fanden die Evolutionär-Mediziner heraus, dass das Leiden gar nicht neu ist, sondern schon im alten Ägypten verbreitet war. Mit diesem Wissen kann die Forschung nun nach Ursache und Präventionsmassnahmen suchen, die vom bisherigen Verständnis weg gehen und neue Lösungsansätze versprechen.
Gesucht wird aber auch nach Veränderungen von Bakterien und Viren – auf dass auch hier medizinische Massnahmen für die Zukunft gefunden werden.
Vom Makroskop bis zur DNA-Analyse
Die Forscher greifen beim Abklären der Mumien auf modernste Techniken zurück. Der Untersuch unter modernsten Makro- und Mikroskopen gibt Einblicken in Gewebe- und Knochenproben. Mit Computer-Tomographie werden ganze Mumien in Schichtbildern dargestellt und erlauben einen 3-dimensionalen Blick ins Innerste. Und dies, ohne die wertvollen archäologischen Funden zu zerstören.
Die jüngste Diagnosemethode der evolutionären Medizin ist der Blick auf den genetischen Fingerabdruck. Dank massiven Fortschritten in der Gen-Analyse kann heute «antike DNA» von Mumien und Krankheitserregern gefunden und wieder zusammengesetzt werden. Davon erhofft sich die Medizin Wissen, das ganz konkret in die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden und Medikamente fliessen soll.