Die HPV-Impfung gegen Krebs am Gebärmutterhals und am Penis kann mehr als die meisten denken: Sie verringert bei erwachsenen Frauen nach einer Krebs-OP sogar das Rückfallrisiko. Darauf weisen inzwischen mehrere Studien hin. Bislang empfiehlt die Eidgenössische Kommission für Impffragen EKIF das Vakzin vor allem für Mädchen und Buben, idealerweise vor dem ersten Sex.
Impfung senkt Rückfallrisiko um 60 Prozent
Künftig könnte die Impfempfehlung auf Frauen ausgeweitet werden, denen schon schwere HPV-bedingte Zellveränderungen oder gar Krebs am Gebärmutterhals wegoperiert wurden. Konisation heisst diese Spezial-OP, die hierzulande bei schätzungsweise 5000 Frauen jährlich durchgeführt wird. Exakte Zahlen existieren nicht.
Ohne Impfung kehrt die Krankheit bei etwa sechs bis sieben Prozent der Patientinnen zurück. Bei Frauen, die sich spätestens drei Monate nach der Konisation impfen lassen, beträgt das Rückfallrisiko nur 40 Prozent im Vergleich zu ungeimpften Patientinnen. Darauf deutet eine Meta-Analyse aus 2020 von zehn Studien hin.
Weitere Studien sind nötig
Sprich: Grob gerechnet erkranken nach einer Impfung nur zwei bis drei Frauen erneut – statt sechs bis sieben ohne Impfung.
André Kind, Leiter der Spezialabteilung für betroffene Frauen am Universitätsspital Basel, beobachtet: Die HPV-Impfung wird in den Beratungen immer häufiger Thema. Konisationspatientinnen bis 26 Jahren rät er dringend zur Impfung – so lange nämlich wird sie von der Krankenversicherung finanziert.
Problem: die Kosten
Kind hat den
Expertenbrief
der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zur HPV-Impfung mitverfasst – eine Art Kurzfassung des derzeitigen Wissens. Für Frauen über 26 empfiehlt dieser Expertenbrief die Impfung indes nur «eingeschränkt».
Warum? «Im Gegensatz zu Deutschland, wo es einige Organisationen gibt, die die Impfung dringend anraten, können wir das nicht machen. Aus medizinischer Sicht sehen wir die Sinnhaftigkeit zwar, wir müssen aber auch andere Aspekte mitberücksichtigen. Unter anderem die Kosten», so Kind.
Frauen müssen Impfung oft selbst zahlen
Die Kosten sind mit 825 Franken für die nötigen drei Dosen Impfstoff beträchtlich. Zwar übernehmen erste Grund- und Zusatzversicherungen diese ganz oder anteilig – aber nur auf freiwilliger Basis. Leider gebe es, so André Kind, «keinerlei Transparenz, wer bei wem aus welchem Grund bezahlt. Es wäre natürlich wünschenswert, eine klare Regelung zu haben.»
Eine Kosten-Regelung über alle Versicherungen hinweg könnte kommen, wenn die EKIF die HPV-Impfung bei einer Konisation empfehlen würde. Im Moment tut sie das nicht.
EKIF will Impfempfehlung prüfen
Die EKIF überarbeite aber mit dem Bundesamt für Gesundheit die HPV-Impfempfehlung generell, sagt EKIF-Präsident Christoph Berger – und werde in diesem Zusammenhang auch eine Impfempfehlung für Frauen nach einer Konisation prüfen.
Dafür benötige man aber die Ergebnisse aus den kontrolliert-randomisierten Studien etwa aus den Niederlanden und den USA, so Berger. «Wenn wir die Impfung empfehlen wollen, brauchen wir auch noch eine Erhebung der Krankheitslast in der Schweiz.»
Es wird noch dauern
Sprich: Die Datenbasis ist der Kommission gleich in zweifacher Hinsicht zu dünn – und eine Empfehlung für die HPV-Impfung nach einer Konisation könnte frühestens 2024 kommen. Vermutlich eher später.