Pro Jahr werden in der Schweiz rund 46'000 Herzkatheter-Untersuchungen durchgeführt. Die meisten Ärzte wählen dafür den Zugang über die Leiste. Der Katheter wir dabei in die Arteria femoralis, die Oberschenkelarterie, eingeführt und bis zum Herzen geschoben. Auch wenn dies das Standardverfahren ist, gibt es einen alternativen Zugang: die Arteria radialis, die Schlagader.
Hier wird der Zugang über das Handgelenk gelegt. Die meisten Ärzte nutzen diese Alternative nicht, da das Gefäss deutlich schmaler ist und das Legen des Katheters daher anspruchsvoller. Eine aktuelle Studie zeigt nun jedoch, dass Mediziner gut daran tun würden, den Handgelenkszugang zu üben und dann bevorzugt zu nutzen.
Weniger Todesfälle
Die Studie, an der Forschende der Universität Bern gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Italien, Spanien, Schweden und den Niederlanden gearbeitet haben, wurde in der Zeitschrift «Lancet» publiziert. Sie basiert auf den Daten von rund 8400 Patienten mit akutem Herzinfarkt oder hohem Risiko dafür. Nach 30 Tagen wurden bei Patientinnen und Patienten, bei denen das Handgelenk als Zugangsort für den Herzkatheter gewählt wurde, 66 Todesfälle beobachtet, bei Patienten mit Leiste als Zugangsort 91Todesfälle.
Grund für die niedrigere Sterberate ist der Fakt, dass Komplikationen beim Zugang übers Handgelenk schneller erkannt werden. Es kommt zu weniger Gefässverletzungen und damit zu weniger Blutungen.
«Bisherige Studien haben eine Reduktion des Blutungsrisikos gezeigt, aber keine klaren Vorteile bezüglich Sterblichkeit», meint der Erstautor der Studie, Dr. Marco Valgimigli von der Universität Rotterdam, Niederlande, und erklärt: «Die dank unserer Analysen nun ebenfalls gesicherte Reduktion der Gesamtsterblichkeit geht vor allem auf eine Verminderung grösserer Blutungen an der Zugangsstelle zurück.» In der Studie wurden beim Handgelenkszugang 16 dieser Blutungen beobachtet, beim Leistenzugang hingegen deren 43.
Baldige Umstellung empfohlen
Deswegen sollte nun baldmöglichst von der Leiste aufs Handgelenk umgestellt werden, empfiehlt Professor Peter Jüni, Direktor des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Bern und einer der Hauptverantwortlichen der Studie.
Der Zugang am Handgelenk ist technisch allerdings anspruchsvoller als jener via die Leiste. Eine sofortige Umstellung sei deshalb nicht möglich; es brauche dazu eine entsprechende Ausbildung, so die Studienautoren.