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Rettungssanitäter im Einsatz – Viel Verantwortung, wenig Zeit
Aus Puls vom 01.04.2019.
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Herausforderung für Ersthelfer Rettungsfahrt ins Ungewisse

Ein einfacher Notruf kann sich jederzeit als Grossereignis entpuppen. Den Umgang damit üben Sanitäter, so gut es geht.

Brände mit vielen Verletzten, Massenkarambolagen auf der Autobahn, Flugzeugabstürze, Bahnunfälle in Tunnels – alltäglich ist das für die Rettungssanitäter in der Schweiz nicht. Und doch: Fährt ein Sanitäts-Team nach einem Notruf los, weiss es nie genau, was es am Ziel erwartet.

Es kann durchaus ein sogenanntes «Grossereignis» sein. Da ist es nicht mehr damit getan, jemanden zu stabilisieren und möglichst schnell in ein Spital zu bringen.

An die ersten Helfer vor Ort werden dann ganz andere Anforderungen gestellt. «Das ist zuerst die totale Überforderung», erinnert sich Sandra Mettler vom Rettungsdienst Winterthur an ihren ersten Grosseinsatz. «Nur schon das Bild, das sich einem da präsentiert. All die Verletzten – wie gehe ich mit so vielen Verletzten um?»

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Sandra Mettler, Rettungsdienst Winterthur: «Das erste Grossereignis ist pure Überforderung!»
Aus Puls vom 01.04.2019.
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Sandra Mettler nimmt an einem Kurs der Vereinigung der Rettungsdienste BBZZ teil. Dieser Kurs soll Rettungsprofis aus der ganzen Schweiz auf solche Situationen vorbereiten. Es gilt, eine ungewohnte Rolle einzunehmen.

«Bei einem Normalereignis, etwa dem Herzinfarkt einer einzelnen Person, steht die medizinische Betreuung im Vordergrund», erklärt Kursleiter Frank Zbinden. «Bei einem Grossereignis mit vielen Beteiligten ist man in einer ganz anderen Situation.» Nun ist Organisation gefragt, Koordination, Führung.

Was das bedeutet, wird den Kursteilnehmern nicht nur theoretisch vermittelt. Sie erleben es auch bei Planspielen in Echtzeit, im Schulungsraum und an realistischen Schauplätzen. In jeder Simulation übernimmt jemand anderes die Einsatzleitung.

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Frank Zbinden, Leiter Weiterbildung, Sanitätspolizei Bern: «Bei einem Normalereignis wie einem Herzinfarkt, mit einem Patienten und einem Team, steht das Medizinische im Vordergrund. Bei einem Grossereignis kommen anspruchsvolle Führungsaufgaben hinzu.»
Aus Puls vom 01.04.2019.
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Ein Haus brennt. Feuerwehr und Polizei sind bereits vor Ort. Das erste Sanitätsteam trifft ein. Was nun? Das zweiköpfige Kursteam versucht, sich einen Überblick zu verschaffen und der chaotischen Situation Herr zu werden.

Erste Meldungen zu Verletzten und Vermissten gehen ein. Da schreien Leute im Haus! Braucht es Verstärkung? Wie viel? Welche? Wie kommen die Rettungsfahrzeuge zum Brandort? Wo sollen die alarmierten Helikopter landen? Wo hat es Platz für eine Patientensammelstelle? Und da ist schon wieder jemand Neues, der auf Anweisungen wartet...

Nach dreissig Minuten wird die Simulation abgebrochen. Durchatmen. Übungsbesprechung. Start des nächsten Planspiels.

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«Im Gebäude sind 25 Leute. Man hört Schreie.» Wie sich ein normaler Rettungseinsatz plötzlich zum Grossereignis auswächst – und die Hektik von Minute zur Minute grösser wird.
Aus Puls vom 01.04.2019.
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So unterschiedlich die Szenarien sind, das Ziel ist stets dasselbe: Den Ort des Geschehens so zu organisieren, dass die Patienten bestmöglich versorgt werden können.

Auf gewisse Momente kann einen aber selbst der beste Kurs nicht vorbereiten. Einen solchen hat Reto Dietrich von der Sanitätspolizei Bern bei seinem ersten Grosseinsatz erlebt.

Man sieht die Schwerverletzten, will ihnen helfen, muss sie aber liegen lassen und sich erst einen Überblick verschaffen. So etwas lässt sich nicht in Kursen simulieren.
Autor: Reto Dietrich Sanitätspolizei Bern

Während einer ganz normalen Verlegungsfahrt nach Nottwil bemerkte er eine Massenkarambolage auf der Gegenspur der Autobahn. «Wir haben an der nächsten Ausfahrt umgekehrt und waren als erste vor Ort. Da waren acht Fahrzeuge ineinander verkeilt. Leute waren eingeklemmt, einige schwer verletzt. Die Verunfallten sahen uns kommen und hofften natürlich auf Hilfe.»

Die konnte Dietrich aber nicht leisten. «Man sieht die Schwerverletzten, will ihnen helfen, muss sie aber liegen lassen und sich erst einen Überblick verschaffen. So etwas lässt sich nicht in Kursen simulieren.»

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Reto Dietrich, Sanitätspolizei Bern, erzählt von seinem ersten Grossereignis, an dem er auch einen verstörten Polizisten beruhigen musste.
Aus Puls vom 01.04.2019.
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Rettungskräfte nicht behindern, Opfer respektieren

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Ereignisse, die den Einsatz von Rettungskräften erforderlich machen, üben eine magische Anziehungskraft auf Schaulustige aus.

Die sind aber nicht nur lästig und verletzen mit Fotos und Videos die Persönlichkeitsrechte von Opfern wie Helfern – sie behindern oft auch die Arbeit der Retter und bringen sich und andere in Gefahr. Zum Beispiel durch den klassischen Glotzer-Stau, der sich auf der Autobahn bildet, wenn es auf der Gegenspur zu einem Unfall gekommen ist. Auffahrunfälle sind programmiert.

So verhalten Sie sich richtig

  • Notfälle sofort über Notfallnummer 112 melden.
  • Nicht glotzen. Keine Fotos, Videos, Selfies machen.
  • Helfen oder Platz machen.
  • Bei Verkehrsstau Rettungsgasse bilden.
  • Den Anordnungen der Rettungskräfte Folge leisten.

Glotzen ist kein Kavaliersdelikt

Wer andere davon abhält, Nothilfe zu leisten, oder sie dabei behindert, kann gemäss Strafgesetzbuch (SR 311.0 Art. 128) mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden.

Auch das Filmen oder Fotografieren von Unfällen kann teuer zu stehen kommen:

  • Erfolgt es aus dem fahrenden Fahrzeug, kann dies eine Busse samt Führerscheinentzug zur Folge haben.
  • Die verletzten Persönlichkeitsrechte der Gefilmten oder Fotografierten können gemäss Zivilgesetzbuch (SR 210 Art. 28) und Datenschutzgesetz (SR 235.1 Art. 15) eingeklagt werden.

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