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Immer mehr Hautkrebs-Diagnosen - (K)ein Grund zur Besorgnis?

Pro Jahr werden in der Schweiz 2000 Fälle von Hautmelanomen neu diagnostiziert. Damit belegt die Schweiz im europäischen Vergleich eine Spitzenposition. Das hat kürzlich das Bundesamt für Statistik (BfS) vermeldet - doch was haben die Zahlen zu bedeuten?

Die Zahlen des Bundesamts für Statistik BfS lassen einen zunächst erschrecken: Seit 1984 ist die Neuerkrankungsrate an Hautmelanomen bei den Frauen um 50 Prozent gestiegen, bei den Männern beträgt die Zunahme sogar 80 Prozent. Tatsächlich schützen sich Männer gemäss eigenen Angaben weniger vor der Sonne als Frauen. Die Schweiz, ein Land der unbelehrbaren Sonnenanbeter – und bald ein einzig Land des Hautkrebses?

Mehr Hautkrebs, aber nicht mehr Todesfälle

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Nein. Denn betrachtet man die Todesrate, zeigt sich, dass diese in den letzten 20 Jahren konstant geblieben ist: durchschnittlich 285 Fälle pro Jahr. Denn der Befund einer bösartigen Krebszelle ist noch kein Indiz, ob dieses Melanom Ableger bilden wird oder ob dies bereits geschehen ist. Der betroffene Patient weiss vielmehr einzig, wie gross sein Risiko sein könnte, in 5 bis 10 Jahren Ableger des Tumors zu entwickeln.

Je fortgeschrittener das Krebsstadium ist, desto geringer sind die Heilungschancen. Die Zunahme ist jedoch vor allem bei Diagnosen für Hautmelanome im Frühstadium zu beobachten.

Unterschiedliche Interpretationen

Das BfS schliesst aus dieser Zunahme der Diagnosen und der gleichzeitig unveränderten Todesrate, dass in der Schweiz immer mehr Menschen an Hautmelanomen erkranken. Doch diese Zahlen können auch anders interpretiert werden: So sagen Epidemiologen, dass die Zunahme auch dadurch erklärt werden kann, dass in den letzten Jahren mehr Menschen ihre Haut auf auffällige Muttermale hin haben untersuchen lassen, und dass deshalb auch mehr Melanome gefunden wurden. Wer mehr sucht, der findet meist auch mehr.

Zudem könnte die unveränderte Todesrate bei steigenden Diagnosen auch darauf hindeuten, dass in der Schweiz teilweise Hautkrebs überdiagnostiziert wird.

Verschiedene Melanomarten

Es gibt verschiedene Arten von Melanomen. Einerseits die langsam und sich vor allem an der Hautoberfläche ausbreitenden Melanome, welche selten und wenn überhaupt erst nach langer Zeit Ableger bilden. Andererseits kennt man aber auch Melanome, welche in nur wenigen Monaten bereits in tiefere Hautschichten vordringen und sehr schnell tödliche Metastasen bilden.

Im Frühstadium der Erkrankung können die Spezialisten jedoch nicht erkennen, ob sich die entdeckten Krebszellen langsam und harmlos oder schnell und tödlich ausbreiten werden - unter dem Mikroskop lassen sich die Hautkrebszellen nicht unterscheiden. Somit ist es denkbar, dass ein gewisser Teil der im Frühstadium neu diagnostizierten Melanome gar nie gesundheitliche Probleme ausgelöst hätten und deshalb typische Fälle von Überdiagnose wären, so die Erklärung der Epidemiologen.

Sinnvolle Vorsorge

Solange niemand vorhersagen kann, wie sich im Frühstadium gefundene Hautkrebszellen im späteren Krankheitsverlauf verhalten, macht es durchaus Sinn, dass alle Melanome so früh wie möglich herausgeschnitten werden. Doch dass dies in der Schweiz immer häufiger geschieht, bedeutet nicht automatisch, dass der Hautkrebs in der Bevölkerung auch immer häufiger auftritt, wie dies in der Medienmitteilung des BfS suggeriert wird.

Es könnte genauso gut auch bedeuten, dass sich die potenziell malignen Hautveränderungen viel weniger häufig zu ausgewachsenen Krebserkrankungen weiterentwickeln, als viele Fachleute annehmen. Ein Phänomen, das man aus der Diskussion rund um die Vorsorgeuntersuchungen von Prostatakrebs kennt.

Gründe für Hautkrebs

Deshalb gibt es keinen Grund, wegen den neuesten Hautkrebsdiagnose-Zahlen in Panik zu verfallen. Doch die Krankheit Hautkrebs darf auch nicht verharmlost werden. Als grösster Risikofaktor und Hauptursache für Hautmelanome gilt nach wie vor die UV-Strahlung der Sonne. Besonders häufig haben laut der Publikation vom BfS Melanome am Rumpf und an den oberen Gliedmassen zugenommen. Diesen Umstand führt das BfS auf das geänderte Freizeitverhalten zurück.

Andererseits geben acht von zehn Schweizer an sich vor der Sonne zu schützen und gut ein Drittel der Bevölkerung hat schon einmal seine Haut vorsorglich untersuchen lassen. Auch dieses Jahr bieten viele Schweizer Dermatologinnen und Dermatologen am 7./9. und 11. Mai 2012 kostenlose Erstuntersuchungen  an.

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