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Kampf gegen Krebs Mit «Trojanern» gegen Tumore

Radioaktive Substanzen können Patienten mit ausschliesslich neuroendokrinen Tumoren einige Jahre mehr Lebensqualität schenken. Nuklearmediziner haben eine Art Trojanisches Pferd entwickelt, mit dem sie den neuroendokrinen Tumor von innen bekämpfen können.

Die Basler Klinik für Nuklearmedizin hat bei der sogenannten DOTATOC-Methode Pionierarbeit geleistet. Seit 1996 werden Patienten mit neuroendokrinen Tumoren auf diese Weise behandelt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Behandlungsmethode kann die Strahlen-Therapie die Lebensqualität deutlich verbessern und die Lebensdauer kann zwei- bis dreimal verlängert werden.

Was ist ein «neuroendokriner» Tumor?

Neuroendokrine gut- oder bösartige Tumore sind speziell und sehr selten – nur rund 1 Prozent aller Tumorpatienten ist davon betroffen. Wie der Name schon sagt, sind neuroendokrine Zellen betroffen. Diese befinden sich hauptsächlich im Magen-Darmtrakt, in den Lungen, sowie in der Bauchspeicheldrüse, aber auch in der Schilddrüse oder im Gehirn.

Neuroendokrine Zellen produzieren verschiedene Botenstoffe (Hormone). Bei einem neuroendokrinen Tumor teilen sich die Zellen häufiger und sterben nicht mehr ab. Dies führt zu einem Wachstum der Tumorzellen, welche die normalen Zellen ihrer Umgebungverdrängen.

Glücklicherweise wachsen neuroendokrine Zellen im Vergleich zu anderen Tumorarten langsam. Neuroendokrine Tumorzellen produzieren häufig zuviel Hormone. Der hohe Hormonspiegel führt dann zu verschiedenen Symptomen wie Wärmewellen, hochrotem Kopf, Durchfall, Zuckerabfall, Asthma oder Hautproblemen.

Wie funktioniert die DOTATOC-Methode?

Neuroendokrine Zellen bilden an ihrer Zelloberfläche zahlreiche Rezeptoren mit denen sie spezifische Eiweisse einfangen. In der Nuklearmedizin werden diese Eiweisse mit radioaktiven Substanzen - Yttrium-90 oder Lutetium-177 - beladen. Mithilfe einer Spritze wird die Substanz intravenös gespritzt. Über den Blutkreislauf gelangt das aggressive radioaktive Partikel dank dem Eiweiss ausschliesslich in die Tumorzelle und verstrahlt diese von innen. In vielen Fällen werden die Zellen so abgetötet. Da die Strahlung nur sehr kurz reicht (ca. 5 mm), wird das gesunde Gewebe nicht tangiert.

Die Behandlung ist systemisch, das heisst, die radioaktiven Eiweisse finden dank der Rezeptorenwirkung die Tumorzellen egal wo sie sich im Körper befinden. Das ist der Unterschied zu einer lokalen Bestrahlung. Eine Therapie beinhaltet zwei bis drei Spritzen in einem Intervall von ca. acht Wochen.

Wann empfiehlt sich eine DOTATOC-Behandlung?

Voraussetzung für eine Behandlung mit diesen radioaktiven Substanzen ist, dass der Patient genug Rezeptoren auf seiner neuroendokrinen Tumorzellen aufweist. Nur so gelangt genügend Strahlung in die Zelle. Empfohlen wir die Therapie auch erst, wenn nicht mehr operiert werden kann, das heisst, wenn sich bereits Metastasen im Körper gebildet haben. Dann sollte es Therapie erster Wahl sein. Chemotherapien zeigen kaum Wirkung und Behandlungen mit anderen Medikamenten haben oft sehr starke Nebenwirkungen.

Studien haben gezeigt, dass sich die Lebensqualität nach einer DOTATOC-Behandlung meist deutlich bessert und die Symptome wenigstens zeitweise zum Verschwinden gebracht werden. Auch konnte gezeigt werden, dass die Lebensdauer so zwei- bis dreimal länger ist als mit herkömmlichen Behandlungen.

Nebenwirkungen und Heilungsaussichten

Die Risiken und die Nebenwirkungen sind bei der Bestrahlung sehr gering. Die meisten Patienten verspüren etwas Müdigkeit, vielleicht etwas Übelkeit unmittelbar nach der Behandlung. Die physikalische Halbwertszeit der benutzen radioaktiven Substanz beträgt drei bis sieben Tage, der grosse Teil der Strahlung wird bereits in den ersten Stunden mit dem Urin ausgeschieden. Der Rest wird langsamer über die Niere abgebaut. Das birgt den Nachteil, dass sich die Therapie nicht beliebig oft wiederholen lässt, da sonst trotz Nierenschutz gravierende Nierenschäden drohen.

Erfahrungen haben gezeigt, dass sich eine solche Therapie zwischen drei und acht Male wiederholen lässt. Da wie schon erwähnt nicht alle Tumorzellen abgetötet werden, kann diese Therapie jedoch keine 100-prozentige Heilung versprechen.

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