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Kinder mit ADHS «Ich wünsche mir, dass mehr Leute wissen, was ADHS ist»

Im Ferienlager der Organisation Elpos Schweiz sprechen Kinder offen über ihr ADHS. Sie erzählen, was sie belastet, wie sie damit umgehen und warum sie ihre Diagnose nicht als Schwäche sehen. Der aktuelle Obsan-Bericht zeigt: psychische Belastungen bei Kindern nehmen zu.

Ein neuer Tag im Ferienlager. In den Schlafräumen stehen Stockbetten dicht an dicht. Für viele Kinder ist das Lager ein besonderer Ort. Hier können sie sein, wie sie sind.

«Wir haben alle ein bisschen das Gleiche», erklärt Mia. «Viele haben ADHS, das heisst unteranderem hyperaktiv. Es ist aber auch manchmal schwierig, sich Dinge zu merken.» Eine andere Teilnehmerin erzählt, wie sie in der Primarschule ausgegrenzt wurde: «Die anderen fragten: Ist das ADHS ansteckend? Ich fand das schlimm. Wir wurden ausgeschlossen – nur wegen der Diagnose.»

Stärke hinter der Schwäche

Im Lager sprechen die Kinder offen darüber, was sie sonst oft für sich behalten: «Ich finde, ADHS ist auch eine Stärke – nicht nur eine Schwäche», sagt das Mädchen weiter. «Ich bin sehr sensibel und merke, wenn es jemandem nicht gut geht. Ich kann auch mehrere Dinge gleichzeitig machen.»

Der Tag im Lager ist voller Bewegung: Spielolympiaden, Gruppenaktivitäten, Momente der Konzentration. «Manchmal schaltet mein Kopf plötzlich ab», erzählt ein Junge. «Dann passe ich gar nicht mehr auf.» Was hilft? «Wasser trinken, kurz rausgehen und tief atmen», sagt er.

Die Kinder erzählen auch von Missverständnissen. Ein Mädchen sagt: «Wenn ich meine Tabletten nicht nehme, bin ich etwas hyperaktiv. Dann fragen die anderen: Warum hast du sie nicht genommen? Sie machen dann Witze auf meine Kosten. Das finde ich manchmal blöd.»

Eine andere ergänzt: «Mich nervt es, wenn Nicht-ADHS-Leute sagen: Ich habe heute voll den ADHS-Schub. Für uns ist das kein Scherz, sondern etwas, womit wir leben müssen.»

Im Lager der Organisation Elpos Schweiz erfahren sie zum ersten Mal, dass ihre Art zu denken und zu fühlen verstanden wird. Hier müssen sie nichts erklären. Das Lager mit rund 50 Kindern findet seit 20 Jahren statt.

Belastung bei Kindern steigt weiter

Gemäss Daten des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) zeigen rund 65 Prozent der 11- bis 15-Jährigen in der Schweiz wiederkehrende oder chronische psychoaffektive Symptome wie Müdigkeit, Reizbarkeit oder Schlafstörungen, die mehrmals pro Woche oder täglich auftreten. Kinder mit Aufmerksamkeits- und Verhaltensproblemen sind besonders betroffen.

Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig Unterstützungssysteme für Kinder mit ADHS und anderen psychischen Belastungen sind – in der Schule, im Alltag und in der Freizeit.

Endlich einfach dazugehören

Für die Kinder im Lager ist das Wichtigste: nicht ständig erklärt oder bewertet zu werden. «In der Schule verstehen sie es nicht, wenn ich mich nicht gut konzentrieren kann», sagt ein Junge. «Hier wissen alle, wie das ist.»

Die Gemeinschaft entlastet. Sie schafft Raum, in dem Kinder sagen dürfen, was sie sonst verschweigen würden.

Oder, wie ein Mädchen es formuliert: «Ich wünsche mir, dass mehr Leute wissen, was ADHS wirklich ist. Dann wäre vieles einfacher.»

Die Sendung «mitenand»

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Hände greifen ineinander.

Mit kurzen Reportagen nimmt «mitenand» die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise – in eine Welt jenseits der Schlagzeilen.

Im Fokus der Sendungen stehen Menschen, die im Kleinen die grossen Probleme unserer Zeit angehen sowie soziale oder ökologische Projekte gemeinnütziger Organisationen.

Das soziale Engagement in der Schweiz und im Ausland bildet dabei den Rahmen.

Mitenand, 9.11.2025, 19:10 Uhr

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