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Kopfüber zur Heilung Drehend dem Schwindel auf der Spur

Im Schwindel-Drehstuhl lässt sich bei Senioren Schwindel diagnostizieren und manchmal auch ad hoc therapieren.

Die Prozedur ist reichlich unangenehm: Zur Abklärung müssen die Neurologen vom Universitätsspital Zürich die Schwindel-Geplagten im in alle Richtungen drehbaren Stuhl nämlich auf den Kopf stellen. Mit dem gezielten Manöver soll bei den Seniorinnen und Senioren ein sogenannter Lagerungsschwindel provoziert werden.

Die Folge: Schwindel und Übelkeit – und manchmal auch nachhaltige Besserung.

Damit die Drehungen überhaupt durchführbar sind, werden die Testpersonen mit Bein-, Arm- und Brustgurten festgezurrt. Eine spezielle Brille vergrössert die Augen auf einem Computerbildschirm – wichtig für die Ärzte, die den Lagerungsschwindel an einem ganz typischen Augenzittern erkennen.

Das Setting erinnert eher an eine Szene aus einem Astronautenfilm als an einen Besuch beim Arzt.

Patientin in Schwindelbus
Legende: Im Schwindel-Drehstuhl können die Betroffenen ohne grossen Kraftaufwand in die erforderlichen Positionen gebracht werden. SRF

Die Therapie kommt zum Patienten

Schwindel ist im Alter häufig und kann verschiedene Ursachen haben. Gut 20 Seniorinnen und Senioren vom Alterszentrum Limmat in Zürich haben in Vorgesprächen angegeben, regelmässig daran zu leiden – beim zu schnellen Aufstehen zum Beispiel, oder wenn sie den Kopf hastig bewegen.

Das sei normal und gehöre zum Alter bekämen sie oft vom Hausarzt zu hören, ärgert sich Neurologe Stefan Yu Bögli, «dann suchen sie natürlich auch keine Behandlung». Und genau da setzt die Idee mit dem mobilen Schwindelstuhl an. Die Behandlung kommt zum Patienten.

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Den Ärzten geht es darum, jene Patienten herauszufischen, die den gutartigen Lagerungsschwindel haben. Bei ihnen haben sich kleine Kristalle im Innenohr gelöst und verschoben. Weil diese nun am Boden des Bogengangs liegen, entsteht bei Kopfbewegungen Schwindel.

Mit gezielten Manipulationen am Kopf können die Kristalle wieder zurück an ihren Ausgangsort geschüttelt werden. «Normalerweise wird Lagerungsschwindel am Krankenbett therapiert», erklärt der Schwindel-Spezialist, das brauche aber viel Übung und der Patient müsse gut mitarbeiten.

«Bei vielen älteren Menschen ist das schlicht nicht mehr möglich», weiss Neurologe Stefan Yu Bögli, «sie sind zu wenig mobil und haben nicht mehr die nötige Kraft, um die Drehbewegungen mitzumachen». Mit dem mobilen Gerät ist der Kraftaufwand für Arzt und Patient gering.

Laufendes Pilotprojekt

Bei zwei von zwanzig Altersheimbewohnern konnte der Schwindelstuhl an diesem Tag einen Lagerungsschwindel auslösen. Glück im Unglück: Trotz Schwindel und massiver Übelkeit folgt nämlich unverzüglich die Therapie. Aus dem Diagnosegerät wird ein Therapiegerät.

Der Nutzen des Schwindel-Drehstuhls wird im Rahmen eines Pilotprojekts noch wissenschaftlich untersucht. Interessierte Altersheime können sich beim Universitätsspital Zürich melden.

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