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Laser gegen Augenleiden Innovative Behandlung oder riskantes Experiment?

Nur einer bietet sie an: Die Therapie gegen die trockene Makuladegeneration – und steht damit allein auf weiter Flur.

Ein verschwommener Fleck im Zentrum des Sichtfeldes, der sich langsam aber sicher ausbreitet – eine unangenehme Vorstellung? Für Evelyn Schwegler ist das die finstere Aussicht. Denn sie leidet an trockener Makuladegeneration. Bis heute gibt es keine Therapie, die diese Krankheit aufhalten kann.

Trockene vs. feuchte Makuladegeneration

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Die Makula, auch Ort des schärfsten Sehens genannt, ist ein Bereich auf der Netzhaut. Eine altersbedingte Makuladegeneration bezeichnet ein fortschreitendes Absterben der Nervenzellen in diesem Bereich und damit der schleichende Verlust der Sehkraft. Es werden zwei Arten von Makuladegeneration unterschieden. Die trockene und die feuchte Form.

Etwa 80 Prozent aller Fälle sind sogenannte trockene Formen der Degeneration. Hier sind die Ursachen für eine Verschlechterung der Sicht Ablagerungen von Stoffwechselprodukten und Drusen. Zusätzlich zu diesen Ablagerungen ist auch die Durchblutung der Aderhaut gestört, welche zahlreiche Blutgefäße enthält, die die Netzhaut versorgen. Durch eine Störung dieser Aderhaut, zusammen mit dem Einfluss der schädigenden Ablagerungen, wird dann die Sicht beeinträchtigt. Es handelt sich um eine Verschlechterung der Sicht über viele Jahre hinweg, wobei bei weitem nicht alle mit der Diagnose schlussendlich Erblinden.

Personen mit der Diagnose einer trockenen Makuladegeneration werden instruiert, täglich auf ein sogenanntes «Amsler-Gitter» zu schauen. Dabei handelt es sich um ein etwa A4 grosses Blatt mit einem Gitterraster drauf. In der Mitte befindet sich ein Punkt. Stellt der Patient beim morgendlichen Blick auf das Raster eine Veränderung fest, muss er schleunigst zum Arzt. Denn dann gilt Handlungsbedarf. Die trockene hat sich zu einer feuchten Makuladegeneration entwickelt.

Bei der feuchten Makuladegeneration bilden sich unter der Netzhaut flächige Gefässmembranen, die zu Blutungen neigen. Wenn diese Gefässe auslaufen, kann das die Makula schädigen und so zur rapiden Verschlechterung der Sicht, bis hin zur Erblindung führen. Da diese Form einen wesentlich rascheren Verlauf aufzeigt, ist das frühzeitige Entdecken und die Intervention mit Spritzen unerlässlich.

Doch ein Augenarzt in Baden verkündet nun, dass er diese Krankheit stoppen kann. «Ohne Spritzen, ohne Schmerzen und in nur zehn Minuten», wie die Schweizer Illustrierte ihn zitiert.

Der Bericht lässt auch Evelyn Schwegler euphorisch werden. Sofort erkundigt sie sich nach einem Termin beim Badener Augenarzt Armin Junghardt.

Laser gegen das Erblinden

Die Idee der Therapie: Kurze Laserimpulse von gerade mal drei Nanosekunden beschiessen die Netzhaut. Dadurch werden einige Zellen zerstört. Das wiederum regt das Wachstum neuer Zellen an. Die Makula-Laserbehandlung wirkt also wie eine Verjüngungskur für die Netzhaut. Das stoppt das Fortschreiten der Krankheit, ist Junghardt überzeugt.

Doch wenn die Methode wirklich erfolgreich und sicher ist, wieso ist Armin Junghardt der einzige, der sie in der Schweiz anbietet?

Martin Zinkernagel ist Leiter der universitären Augenklinik am Inselspital in Bern. Auf die Frage ob es sich bei der Methode von Armin Junghardt um einen Durchbruch handle, ist seine Antwort eindeutig: «Sicher nicht».

Laser wie jenen von Armin Junghardt gebe es schon lange und sie würden auch rege getestet. Bis zum heutigen Tag sei es jedoch schlicht nicht erwiesen, dass sie zu einer Verbesserung bei der Makula-Degeneration führen.

Und auch Daniel Barthelmes, Leiter der Augenklinik am Unispital Zürich, kommt zum gleichen Urteil. Wie sein Berner Kollege verweist er auf eine neuere Studie aus Australien. Sie zeigt: Über die Zeitdauer von drei Jahren erzielt der Laser insgesamt keine signifikante Verbesserung.

Zusätzlich zeigte eine nachträgliche Analyse der Studie dann auch, dass die Patienten je nach Ablagerungen, die der Grund für die Degeneration sind, unterschiedlich auf den Laser reagierten. Bei einer Gruppe verlangsamte sich die Erkrankung wie gewünscht.

Bei gut einem Viertel der Patienten aber verschlechterte sich die Krankheit durch die Laserbehandlung – und zwar deutlich.

In der Praxis sei die Unterscheidung der verschiedenen Typen nicht ganz so einfach, erklärt Daniel Barthelmes. Somit gehe man mit jeder Anwendung des Lasers auch immer das Risiko ein, dem Patienten zu schaden.

Anerkannte Therapie vs. experimenteller Eingriff

Die bisher einseitig positive Berichterstattung über die Anwendung des Lasers empfindet auch die Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft (SOG) als problematisch – und sieht Handlungsbedarf in Form einer Stellungnahme.

Darin bezeichnet sie die Therapie als «experimentell». Ihr Nutzen sei fraglich, für gewisse Patienten möglicherweise sogar nachteilig und rät darum von der breiten Anwendung ab.

Armin Junghardt ist und bleibt jedoch überzeugt von seiner Therapie. So sehr, dass er weiterhin Patienten behandeln möchte. Die Resultate könne er später nachliefern.

Auch Evelyn Schwegler wird von ihrer Augenärztin – entsprechend heutigem Wissensstand – vom Eingriff abgeraten. Trotz fehlender Alternativbehandlung entschied sie sich schlussendlich den Termin bei Armin Junghardt abzusagen.

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