57 Liter Bier trinkt jeder Schweizer im Schnitt pro Jahr – 20 Liter mehr als Wein. Und dennoch steht Bier immer im Schatten seines alkoholischen Kontrahenten. Damit tut man ihm unrecht. Denn abgesehen davon, dass Bier vielen geschmacklich mindestens ebenso zusagt wie Wein, gehört Bier zu den naturbelassensten Getränken. In der Schweiz dürfen nach dem Lebensmittelrecht neben Wasser nur Naturprodukte wie Malz, Hopfen, Hefe, Gerste, Weizen, Mais oder Reis ins Bier.
Wahrscheinlich braut die Menschheit bereits eine Art Bier, seit sie Getreide isst. Ein Getränk, das unserem heutigen Bier nahe kommt, entwickelte sich dann aber erst ab dem Mittelalter in den Klöstern. Dort suchten Mönche nach einem nahrhaften Getränk, das ihre Mahlzeiten ergänzte - oder aber, im Falle von Fastenzeiten, diese ersetzen konnte. Chroniken belegen, dass den Brüdern immerhin fünf Liter pro Tag zugesprochen wurden. Als ältestes Braukloster gilt das Kloster in St. Gallen, das ganze drei Brauhäuser unter seinen Fittichen hatte.
Mit der industriellen Revolution gelang es dann, Bier in gleichbleibender Qualität und in viel grösseren Mengen zu brauen. Der Weg zum «modernen» Bier, dem Massengetränk, war geebnet. Und dennoch: Wirklich viel wissen die meisten nicht übers Bier. Einige Gerüchte halten sich – zu Recht oder Unrecht – hartnäckig. Hier die drei, die am weitesten verbreitet sind:
1. Bier macht einen Bierbauch
Ja und nein: Bier ist beileibe kein kalorienarmes Getränk. Doch ganz so schlimm wie sein Ruf ist es nicht. Ein halber Liter hat etwa 210 kcal. Die gleiche Menge Apfelsaft schlägt mit deutlich mehr Kalorien zu Buche. Doch während man nur in den seltensten Fällen einen Liter reinen Saft auf einmal trinkt, ist ein Liter Bier im Laufe eines Abends mitunter schnell erreicht.
Die flüssigen Kalorien entsprechen dann in etwa dem Kaloriengehalt einer vollen Mahlzeit. Dazu kommt zum Bier oft noch währschaftes Essen hinzu. So sammelt sich schnell eine beachtliche Kalorienmenge an. Sprich: Die schiere Menge macht's. Von der gelegentlichen «Stange» wächst also noch lange kein Bierbauch.
2. Bier verschönert Haut und Haar
Leider nein: Zwar steckt im Bier durchaus Vitamin B, das nachgewiesen gut für schöne Haut und gesundes Haar ist. Doch die Mengen sind zu gering, um einen spürbaren positiven Einfluss haben zu können.
3. Bier fürs Baby?
Ja, aber: Schon vor Hunderten von Jahren bekamen Ammen Bier, um die Milchproduktion anzukurbeln. Der Kaloriengehalt des Getränks stärkte die Frauen, um deren ausgewogene Ernährung es in der damaligen Zeit nicht immer gut bestellt war. Zudem hatte das damalige Bier einen deutlich geringeren Alkoholgehalt und schonte so das Baby.
Heute weiss man: Gerste kann offenbar die Produktion des Hormons Prolaktin ankurbeln, das die Milchbildung beeinflusst. Weil entspannte Frauen leichter stillen, kommt auch die beruhigende Wirkung von Hopfen stillenden Müttern zugute. Alkoholfreies Bier schlägt dabei Alkoholhaltiges klar: Einerseits hemmt Alkohol die Milchproduktion, andererseits entspricht der Alkoholspiegel im Blut jenem in der Muttermilch – das Kind trinkt also mit.