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Neue Regel im Kanton Zürich Wer operieren will, muss Mindestfallzahlen vorweisen

Erfahrene Ärzte machen weniger Fehler. Der Ansatz leuchtet ein, aber die Umsetzung ist nicht unumstritten.

Seit Neujahr müssen im Kanton Zürich nicht nur Spitäler Mindestfallzahlen bei Eingriffen erreichen. Neu gilt das auch für die einzelnen Ärzte.

Nur wer auf der «Liste der Operateure/-innen, welche die Qualitätsanforderungen für 2019 erfüllen» aufgeführt ist, darf an Zürcher Listenspitälern bestimmte Operationen vornehmen. Dafür muss ein Chirurg einen Eingriff genügend häufig pro Jahr durchführen.

Mindestanforderungen an Operateure

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  • Hüft- oder Knieprothesen: 15 Eingriffe pro Jahr
  • Wechseloperationen von Prothesen: 50 Eingriffe pro Jahr
  • Gynäkologische Tumoren: 20 Eingriffe pro Jahr
  • Brusttumoren: 30 Eingriffe pro Jahr
  • Prostatakrebs: 10 Eingriffe pro Jahr

Quelle: Gesundheitsdirektion Kanton Zürich

Verantwortlich für die Liste ist der Gesundheitsdirektor des Kantons Zürich, Thomas Heiniger. Der Gesundheitssendung «Puls» gegenüber gibt er sich überzeugt, dass erfahrene, routinierte Operateure für die Patientinnen und Patienten von Vorteil sind: «Erfahrung und Routine sind wichtige Gradmesser für Qualität und Sicherheit. Mit den Mindestfallzahlen setzen wir diesen Gedanken um.»

Was passieren kann, wenn die Routine fehlt, musste Patientin Maja Frei am eigenen Leib erfahren. 2009 wurde ihr ein künstliches Fussgelenk eingesetzt. Doch die Operation verlief anders als abgesprochen: Statt des versprochenen Spezialisten war ein Oberarzt am Werk, der diesen Eingriff noch nie zuvor vorgenommen hatte.

Prompt wurde eine zu grosse Prothese eingesetzt, die zu Schwellungen und anhaltenden Schmerzen führte.

Fussgelenksspezialist Norman Espinosa musste die Prothese später austauschen, um den Fehler des unerfahrenen Chirurgen zu korrigieren. Seine Haltung ist klar: «Bei komplexen Eingriffen ist Erfahrung sehr wichtig. Da ist es entscheidend, genau zu wissen was man tut.»

Weniger Fehler dank mehr Routine. Das sollen die Mindestfallzahlen im Kanton Zürich nun garantieren. Was einleuchtend klingt, stösst beim Dachverband der operativ tätigen Ärzte FMCH aber auf wenig Gegenliebe.

«Mindestfallzahlen alleine machen noch keine Qualität aus», hält FMCH-Präsident Josef Brandenberg fest. «Wenn Sie einen Eingriff 100 mal schlecht machen, sind Sie nicht besser als jemand der den Eingriff nur 20 mal macht – aber richtig.»

Für Brandenberg ebenfalls fragwürdig: die Grenzwerte an sich. Die sinnvoll zu definieren sei für sich schon schwierig genug, «aber was passiert, wenn ein Operateur gegen Ende Jahr knapp darunter ist?» Dann würden noch schnell ein paar Eingriffe mehr gemacht, um nächstes Jahr wieder auf der Liste zu stehen. «Es kommt zu einer Mengenausweitung, die ja eigentlich nicht erwünscht ist.»

Ob die Einführung von Mindestfallzahlen für Operateure tatsächlich zu der erhofften Qualitätssteigerung bei chirurgischen Eingriffen führt, ist umstritten. Trotzdem könnten schon bald weitere Kantone dem Beispiel Zürichs folgen.

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