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Neue Therapie Können Äpfel Heuschnupfen lindern?

Mit Natur gegen die Natur: Ein Forscherteam in Österreich testet ein neues Verfahren gegen Heuschnupfen – und zwar mit Obst.

Tränende Augen, juckende Nase und das Atmen fällt schwer. Der Auslöser für diese Misere – besser bekannt als Heuschnupfen – sind die Pollen. Jetzt verspricht eine neue Therapie Linderung: Mit Apfelstückchen auf der Haut gegen die Birkenpollenallergie.

Daran haben Norbert Reider und sein Team an der Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergie in Innsbruck zwei Jahre lang geforscht.

ein Arzt schneidet Äpfel
Legende: Norbert Reider, Professor und Leiter der Allergieambulanz, will mit alltäglichen Mitteln den Betroffenen helfen. Chris Baumann

Reider kam auf die Idee für diese Studie durch das Phänomen der Kreuzallergie. In diesem Fall reagieren Menschen auf Birkenpollen allergisch, aber auch auf Äpfel.

Norbert Reider dachte sich: «Wieso drehen wir den Spiess nicht um, indem wir die Therapie nicht mit Birkenpollenextrakten machen, sondern mit natürlichen Äpfeln?» Das Ziel: Herausfinden, ob die Therapie sowohl einen positiven Einfluss auf die Apfelallergie als auch auf die Birkenpollenallergie hat.

Nicht ganz schmerzlos

Zuerst haben die organische Chemieforschung der Universität in Innsbruck und das landwirtschaftliche Forschungszentrum in Laimburg bei Bozen die Äpfel analysiert. Die Äpfel konnten in drei Gruppen eingeteilt: wenig-, mittel- und hochallergen.

Die Verträglichkeit der 23 Apfelsorten wurde bei den 52 Probanden mit Hauttests überprüft. Bei diesem «Prick-Test» werden die verschiedenen Apfelstücke auf den Unterarm gelegt.

ein Arm mit Apfelstückchen drauf
Legende: Bei welcher Apfelsorte reagiert der Proband am stärksten? Das zeigt der «Prick-Test». Bettina Nothegger von der Universitätsklinik Innsbruck

An dieser Stelle ritzt man die Haut ein wenig ein, damit der allergieauslösende Stoff eindringen kann. Daraus wird sichtbar: Je stärker die Rötung der Haut, desto intensiver die allergische Reaktion.

Ein Apfel am Tag reicht aus

In den ersten Wochen wird die Apfeldosis weiter erhöht, bis der Proband bei einem ganzen Apfel pro Tag angekommen ist. Anfangs legen die Forscher niedrig allergenhaltige Äpfel auf die Haut – später hochallergenhaltige Äpfel.

Die Behandlung mit einem Apfel pro Tag dauert ab diesem Zeitpunkt acht Monate. Am Ende zeigte die Studie, dass bei allen Probanden das Augenjucken oder Niesen des durch Birkenpollen hervorgerufenen Heuschnupfens weniger wurde.

Die Patienten können wieder ohne die Einnahme von Antihistaminika frei Durchatmen und den Frühling geniessen.

Was kann ich selber machen?

Als Birkenpollenallergiker kann ich darauf achten, die Äpfel ohne Schale zu essen und den Bereich um den Stängel zu meiden. Hier sammeln sich die meisten allergenhaltigen Stoffe an.

Ausserdem gibt es Äpfel, die eher niedrigallergen sind. Das sind alte traditionelle Sorten und rotfleischige Äpfel wie Red Moon, Redlove, Kissabel oder Baya Marisa. Hochallergen sind hingegen weissfleischige Äpfel, wie Pink Lady oder Golden Delicous.

Zweite Testrunde in Aussicht

«Das Interessanteste an der Studie war für mich, dass sich die Apfelsorten und ihre Konzentration an Allergenen deutlich unterscheiden», sagt Carlos Cardoso, Chefarzt der Pneumologie und Allergologie an der Hochgebirgsklinik Davos.

Die Studie sei für ihn bedeutend, meint Cardoso. Die Fallzahlen müssten allerdings erhöht werden, um eine dauerhafte Therapie daraus abzuleiten.

Hoffnung gibt es für die acht Prozent der Schweizer Bevölkerung, die unter der Birkenpollenallergie leiden. Ab Sommer 2020 ist an der Universitätsklinik in Innsbruck eine zweite Studie mit 100 Probanden geplant. Mit diesen zusätzlichen fundierten Daten kann diese Therapie für jeden Birkenpollenkreuzallergiker anwendbar werden.

Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 4.4.2020, 12:40 Uhr

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