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Pandemien SARS & Co. – Aus den Medien, aus der Welt?

Alle Welt redet von Ebola. Andere Infektionskrankheiten, die zuvor Schlagzeilen machten, sind bereits vergessen: zum Beispiel die Schweinegrippe, SARS oder MERS. Die Pandemiewächter des Bundesamts für Gesundheit haben sie weiterhin im Auge.

SRF 4 News hat mit Patrick Mathys über jene Epidemien gesprochen, die durch Ebola aus dem Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit verdrängt wurden.

SRF: SARS, Cholera, Schweinegrippe – über all diese Krankheiten ist kaum noch etwas zu lesen oder zu hören. Sind sie wirklich überwunden?

Zur Person

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Patrick Mathys anlässlich einer Pressekonferenz zum Thema Ebola
Legende: keystone

Patrick Mathys leitet die Sektion Krisenbewältigung und Internationale Zusammenarbeit des BAG. Rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr durchforsten er und sein Team das Internet mit speziellen Programmen nach Informationen von Spitälern, Kliniken und Gesundheitsbehörden. Dabei haben sie auch Zugriff auf öffentlich nicht zugängliche Informationen.

Patrick Mathys: Wenn das mediale Interesse schwindet, heisst das noch lange nicht, dass eine Krankheit vom Erdball verschwunden ist oder dass keine Gefahr mehr davon ausgehen würde. Wir überwachen solche Krankheiten und Erreger weiter und bereiten uns auch vor, um bei einem Wiederauftreten entsprechend reagieren zu können.

Welche Krankheiten beschäftigen Sie aktuell am meisten?

Da ist vor allem das Grippe-Virus sowie das MERS-Virus, das nach wie vor auf der arabischen Halbinsel zirkuliert. Und natürlich ganz aktuell Ebola.

Und die Lungenkrankheit SARS, die 2003 weltweit für viel Hysterie sorgte, könnte eigentlich auch jederzeit wieder ausbrechen.

Ja, es besteht tatsächlich die Möglichkeit, dass SARS wieder auf den Menschen übergreift. Wahrscheinlich existiert es irgendwo im Tierreich noch.

Ist denn ein bekannter Erreger weniger gefährlich, weil man schon Erfahrungen mit ihm hat und Konzepte in der Schublade liegen?

Weniger gefährlich macht ihn das nicht, aber man kann dann natürlich tatsächlich auf Massnahmen und Vorbereitungen zurückgreifen, die schnell umgesetzt werden können und so den Schutz der Bevölkerung schneller gewährleisten.

Wie wertvoll sind solche Erfahrungen, wie wir sie in der Schweiz beispielsweise mit der Grippe-Pandemie gemacht haben? Was für Lehren lassen sich daraus für mögliche kommende Fälle ziehen?

An jedem Ereignis kann man wachsen. Dafür muss natürlich eine seriöse Evaluation stattfinden, und jedes Konzept kann und muss verbessert werden. So werden wir sicher auch nach Ebola unsere Vorbereitungsmassnahmen entsprechend anpassen und optimieren.

Ebola ist derzeit die Krankheit, über die weltweit am meisten berichtet wird. Da gehen andere wie die 2010 auf Haiti ausgebrochene Cholera vergessen. Ist es nicht gefährlich, dass solche Ereignisse nicht mehr thematisiert werden und die Menschen nicht mehr darüber informiert sind?

Ich sehe das nicht als Gefahr. Wenn von einem Risiko für die Bevölkerung ausgegangen werden muss und die Behörden zum Beispiel denken, dass sich Reisende in gewisser Weise verhalten müssen, werden auch die entsprechenden Empfehlungen publiziert. Wo dies nicht mehr für nötig erachtet wird, geht für die Gesamtbevölkerung grundsätzlich keine Gefahr mehr aus. Vor Reisen macht es aber sicher Sinn, sich über Risiken zu erkundigen und sich entsprechend vorzubereiten.

Das Risiko, sich auf Haiti mit Cholera anzustecken, besteht aber weiterhin?

Ja, dieses Risiko besteht durchaus. Ebenso können Sie sich auch mit Malaria anstecken, wenn Sie in ein betroffenes Land reisen und sich nicht richtig verhalten. Die angemessene Vorbereitung und das richtige Verhalten vor Ort sind für Reisende immer ein zentrales Thema.

Wie beeinflusst und beeinträchtigt das die Arbeit der Behörden, wenn – wie jetzt zum Beispiel beim Thema Ebola – eine Art weltweite Hysterie spürbar ist?

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Der mediale Druck ist natürlich gross, gerade bei Ebola. Das bindet bei uns auch Ressourcen, denn es ist ein grosser Aufwand, die gewünschten Informationen zur Verfügung zu stellen. Es ist aber auch wichtig, der Bevölkerung Informationen bieten zu können, damit eine sinnvolle Risikoeinschätzung möglich ist und nicht von falschen Voraussetzungen ausgegangen werden muss.

Dabei spielen die Medien ja eine grosse Rolle. Einerseits sollen sie die Informationen an die Bevölkerung weitergeben, andererseits können sie dazu beitragen, dass eine Hysterie überhaupt entsteht. Wie haben Sie das bei der Grippe-Pandemie erlebt?

Die Influenza-Pandemie war medial sicher ein grösseres Ereignis als es die tatsächliche Bedrohung durch das Virus war. Es hilft meiner Meinung nach nicht immer, wenn sehr kontroverse Informationen verbreitet werden. Das verunsichert die Bevölkerung. Da entstehen zusätzliche Fragen, denen dann wieder begegnet werden muss. Aber eine der Aufgaben der Gesundheitsbehörde ist nicht nur die Krankheitsbekämpfung, sondern auch eine zielführende und breite Information für jedermann.

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