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Pilotprojekt zur Finanzierung Was darf die Entlastung der Ärzte kosten?

Im Kampf gegen den Hausarztmangel testet der Kanton Uri den Einsatz von Pflegeexpertinnen. Das erste Fazit ist positiv.

Der Kanton Uri hat eine der geringsten Ärztedichten der Schweiz. Und Besserung ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Von den aktuell 25 Hausärzten werden deren 11 in den nächsten fünf Jahren pensioniert.

Um die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung weiterhin sicherstellen zu können, ist der Innerschweizer Kanton deshalb auf verschiedenen Ebenen aktiv. Unter anderem mit einem Pilotprojekt, das den Hausärzten spürbare Entlastung bringen soll.

Willkommene Unterstützung

Thomas Arnold ist einer jener Hausärzte, die in ein paar Jahren vor der Pensionierung steht. Er macht bei diesem Pilotprojekt mit und beschäftigt seit letztem Sommer die Pflegeexpertin Claudine Lüscher.

Die diplomierte Pflegefachfrau hat an der Hochschule Pflegewissenschaft studiert und übernimmt in der Praxis in Bürglen ärztliche Untersuchungen. Ausserdem macht sie Hausbesuche bei chronisch Kranken und Betagten. Aufgaben, die sonst der Hausarzt erfüllt.

Hausbesuche sind zeitintensiv. Hier kann ich den Hausarzt entlasten, indem ich hochbetagte Patienten oder chronisch Kranke engmaschig betreue.
Autor: Claudine Lüscher Pflegeexpertin, Bürglen

Claudine Lüscher ist vom Nutzen ihrer Tätigkeit überzeugt: «Hausbesuche sind zeitintensiv. Hier kann ich den Hausarzt als Pflegeexpertin entlasten, indem ich hochbetagte Patienten oder chronisch Kranke engmaschig betreue, um so einen Spitalaufenthalt hinauszuzögern.»

Thomas Arnold spürt die Entlastung. Und doch: Gänzlich ausklinken kann er sich nicht. Er muss jeweils abwägen, welche Patienten er abgeben kann. Auch Kontrolle und Nachbesprechungen nach den Untersuchungen sind unabdingbar – denn die Verantwortung bleibt beim Arzt. Es ist nach wie vor Arnold, der Diagnosen stellt und Therapien oder Medikamente verschreibt.

Neuer Tarif für die Abrechnung gefordert

Die Zusammenarbeit funktioniert. Ein Knackpunkt bleibt aber die Abrechnung von Lüschers Leistungen bei der Krankenkasse.

Im Moment behilft man sich mit einer Schattenrechnung. «Wir wenden den normalen Zeittarif an, den wir zur Verfügung haben», erklärt der Hausarzt. «Frau Lüscher schreibt eine ärztliche Leistung auf, jedoch als Nicht-Ärztin mit einer verminderten Minutage.»

Es wird also weniger Zeit erfasst, als tatsächlich aufgewendet wurde. Nicht nur aus statistischer Sicht eine unschöne Verzerrung. Für Arnold ist denn auch klar: «Es braucht einen neuen Tarif, um künftig solche Leistungen abzurechnen.»

Dreijähriges Pilotprojekt

Herauszufinden, wie man diese Leistungen künftig abrechnen kann, ist ein Ziel des auf drei Jahre angelegten Pilotprojekts. Das Institut für Hausarztmedizin in Luzern begleitet und evaluiert das Projekt im Auftrag des Kantons und sammelt hierzu die Daten. Insgesamt steuert der Kanton 50'000 Franken an Projektleitung und Evaluation bei, 50'000 Franken übernimmt die Krankenkasse CSS.

Wir wollen etwas bewegen und aufzeigen, dass man mit innovativen Ideen im Gesundheitswesen zukunftsgerichtete Projekte verfolgen kann.
Autor: Barbara Bär Gesundheitsdirektorin Kanton Uri

Es ist das erste Mal, dass ein Kanton dieses neue Modell offiziell testet und auch Geld dafür spricht. Die Urner Gesundheitsdirektorin Barbara Bär hofft, damit eine Diskussion über die Tarifsysteme anstossen zu können: «Den Einsatz einer Pflegeexpertin fanden wir von Beginn an ein spannendes Projekt. Wir wollen damit etwas bewegen und aufzeigen, dass man mit innovativen Ideen im Gesundheitswesen zukunftsgerichtete Projekte verfolgen kann.»

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