Pseudologie – das geht auf das griechische Wort «Pseudos» und auf «Logos» zurück: Man könnte es als die Lehre des Falschen bezeichnen, oder aber übersetzen mit «das falsche Wort». Und da ist man dem Pseudologen schon sehr nahe. Denn ein Pseudologe ist ein Lügner, kein normaler Schwindler, wie es jeder zwischendurch einmal ist. Ein Pseudologe kann nicht anders, er lügt zwanghaft, hat einen chronischen Hang zur Unwahrheit. Ihm fehlt sogar die Grenze zwischen Wahrheit und Dichtung.
Diese Störung kommt eher selten vor. Menschen, die zwanghaft lügen, haben aber meist eines gemeinsam: Sie haben einen starken Wunsch nach Anerkennung. Sie erfinden abstruse Stammbäume, erschütternde Schicksale, erfinden gar eine Parallelwelt, ein Parallelleben.
Ein solches bekanntes Beispiel der Neuzeit ist Tania Head. Sie erzählte, dass es ihr gelang, am 11. September aus dem brennenden Südturm des World Trade Centers zu fliehen – genau aus der Etage, dem 78. Stock, in das eines der Flugzeuge flog. Ein Feuerwehrmann hätte ihre brennende Kleidung gelöscht, sie sei daraufhin noch 3354 Stufen nach unten gelaufen, bevor sie das Gebäude verlassen konnte. Ihr Verlobter sei in den Flammen gestorben, ebenso der selbstlose Feuerwehrmann. Das ist nur ein kleiner Teil der Geschichten, die sie zu diesem Unglückstag auftischte – auch in der Selbsthilfegruppe für Überlebende, zu deren Vorsitz sie schnell aufstieg. Erst viel später flog sie auf.
Immerhin: Sie reiht sich ein in die Reihe der Pseudologen, darunter auch so bekannte wie Karl May. Er lebte im richtigen Leben mit acht verschiedenen Identitäten, vom Postboten bist zum Augenarzt. Einmal landete er sogar im Gefängnis wegen Diebstahls – da war er gerade in seiner Identität als Polizist unterwegs.