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Riskanter Körperschmuck? Tattoos – Farbe, die unter die Haut geht

Beim Stechen eines Tattoos wird die Haut verletzt. Das birgt gesundheitliche Risiken. Im Alltag kommt es im Verhältnis zur grossen Anzahl von Tätowierten aber zu wenigen Zwischenfällen.

Was früher Matrosen und Rockern vorbehalten war, ist heute massentauglich: Tattoos zieren in allen Farben und Formen Rücken, Oberarme, Handgelenke. In der Badeanstalt dreht sich niemand mehr für einen Tätowierten um. Eher das Gegenteil scheint der Fall: Bei den unter 40-Jährigen fühlt sich manch einer zuweilen schon beinahe als Exot, wenn er kein Tattoo zur Schau trägt. Der Trend scheint nicht aufzuhalten zu sein. Die Anzahl der Tattoo-Studios hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Wie viele es davon in der Schweiz wirklich gibt, weiss man nicht genau.

Theoretisch kann jeder in der Schweiz ein Tattoo-Studio eröffnen. Denn weder der Beruf des «Tätowierers» noch seine Ausübung sind gesetzlich geregelt. Momentan ist allerdings eine Verordnung in der Vernehmlassung, die eine kantonale Meldepflicht für Tätowierer vorsieht. Sie könnte nächstes Jahr in Kraft treten.

Wenig Komplikationen

Dass keine Regelung besteht, dürfte manch einen überraschen, denn beim Tätowieren wird immerhin mit blutiger Haut gearbeitet. Bei schlechter Hygiene können Krankheiten wie Hepatitis, HIV oder bakterielle Infektionen übertragen werden. Wie oft dies geschieht, ist nicht belegt. «Bei ansteckenden Krankheiten bleibt der Ansteckungsgrund meist unklar. Der Transmissionsweg ist schwierig zu ermitteln», so Joachim Mertens von der Hepatologie am Universitätsspital Zürich.

Schuppige Haut bei einem Tattoo.
Legende: Granulomatöse Entzündung auf einer Tätowierung. SRF

Der Alltag mit unzähligen Tätowierten aber zeige, dass die Gefahr sehr klein sei, sich in einem Tattoo-Studio in der Schweiz mit Hepatitis anzustecken. Auch Hautärzte geben an, dass sie relativ wenige Fälle betreuen müssen, bei denen Tattoos Probleme bereiten. «Aber natürlich ist jeder einzelne Fall zu viel», sagt Dermatologe Daniel Zuder.

Seit 2007 können sich Tattoo-Studios bei uns im Land einer jährlichen Hygienekontrolle unterziehen. Dabei werden die Tätowierer anhand der vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen erarbeiteten Richtlinien für eine «Gute Arbeitspraxis» geprüft und können so ein Hygiene-Zertifikat erlangen. Prüferin Natalie Garcia bestätigt, dass seither das Bewusstsein für hygienisches Arbeiten in den Studios zugenommen hat. Jene Studios, welche die Prüferin unter die Lupe nimmt, sind bestrebt, sauber zu arbeiten. Daher gibt es bei seriösen Tätowierern sehr selten Beanstandungen.

Umstrittene Tattoo-Farben

Seit Kantonschemiker im Jahre 2009 erstmals Stichproben von Tattoo-Farben analysierten, sind diese immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Weil die Tattoo-Farben auf Basis von für industrielle Zwecke hergestellten Farbpigmenten erzeugt werden, fanden die Chemiker darin teilweise giftige und krebserregende Substanzen. Obwohl eine Verbotsliste für gewisse Inhaltsstoffe erlassen wurde, wurden bei einer Probe im letzten Jahr noch immer mehr als die Hälfte der Farben beanstandet.

Wie sich die Farben im Körper verhalten und was sie für Auswirkungen auf die Gesundheit haben, wurde bisher nur mit wenigen Studien erforscht. Die Universität Regensburg konnte anhand eines Experiments mit Mäusen zeigen, dass sich etwa ein Drittel der Farbe nach dem Stechen des Tattoos im Körper verteilt. Die Untersuchungen führten vor Augen, dass sich die Farbpartikel vor allem in den Lymphknoten, aber auch in Organen wie Milz, Leber oder Nieren ablagerten. Ein Tattoo-Experiment mit Schweinen wurde denselben Forschern verboten.

Auch die Datenlage ist bezüglich Auswirkungen der Tattoos auf die Gesundheit immer noch sehr dürftig. «Es wird jeweils dort geforscht, wo viel Geld vorhanden ist oder wo ein grosses Problem besteht – und bezüglich Tattoo-Farben und Gesundheitsrisiken scheint dieses Problem in der Praxis einfach zu klein zu sein», so Mertens. Eine Studie mit Hautkrebspatienten konnte beispielsweise keine Zusammenhänge zwischen Tattoos und Hautkrebs zeigen.

Lebenslang im Körper – auch nach der Laserentfernung

Forscher und Mediziner raten diesbezüglich aber Vorsicht walten zu lassen. Man solle gut abklären, was für Farben man sich in den Körper stechen lasse. Denn die Farbe bleibt dort lebenslang. Was viele nicht wissen: Gerade auch nach einer Entfernung mit Laser lagern sich viele Farbpartikel im Körper ab.

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Weil die Farbpartikel vom Laser in noch kleinere Partikel gesprengt werden, können sie von den Fresszellen von der Haut abtransportiert werden. Wo sich die Spaltprodukte, die durch die Erhitzung zusätzlich im Verdacht stehen, sich chemisch zu verändern, überall ablagern, ist unklar.

Fakt ist: Seit in den 1970er-Jahren die ersten Tattoos mit rudimentären Lasern behandelt wurden, sind keine direkten Komplikationen erfasst worden. Farbige Lymphknoten mögen nicht sonderlich gesund aussehen, wie schädlich sie wirklich sind, konnte bisher aber nicht geklärt werden.

Mindestalter 18

Minderjährige bis 18 Jahre brauchen für ein Tattoo die Erlaubnis ihrer Eltern. Viele Tätowierer stechen Teenagern aber grundsätzlich keine Tattoos. Denn: Der Körperschmuck ist unwiderruflich, einmal gestochen bleiben Farbpartikel ewig im Körper. Die massentaugliche Körperkunst sollte also ein Leben lang Freude bereiten und deshalb nicht als leichtfertig gestochenes Ferien-Souvenir auf dem Körper landen.

Es lohnt sich der eigenen Gesundheit zuliebe, sich bezüglich Hygiene und Farben im Vorfeld bei seinem Tätowierer zu informieren. Betreibt dieser sein Handwerk seriös, wird er gerne Auskunft geben.

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