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Schulmädchen hält eine Tablette mit zwei Fingern.
Legende: Bei ADHS-Verdacht wird schnell und oft Ritalin verschrieben – zu schnell und zu oft, wie Wissenschaftler kritisieren. imago

Ritalin & Co. in der Kritik der Forscher

Wissenschaftler des internationalen Forschungsverbunds «Cochrane Collaboration» haben die Wirkung von ADHS-Medikamenten und die Studienqualität zum Thema unter die Lupe genommen und sind dabei zu ernüchternden Resultaten gekommen.

ADHS wird von allen kindlichen Verhaltensauffälligkeiten weltweit am häufigsten diagnostiziert und therapiert. Die betroffenen Kinder haben Konzentrationsprobleme. Manche sind auffällig unruhig. Vielen Kindern werden deshalb Medikamente verschrieben. Meist Methylphenidat, besser bekannt unter Handelsnamen wie Ritalin oder Concerta.

Doch wie wirkt eigentlich, was die Kinder da schlucken? Das wollten Wissenschaftler des internationalen Forschungsverbunds «Cochrane Collaboration» wissen. Sie haben 185 ADHS-Studien unter die Lupe genommen – mit ernüchternden Resultaten.

  • Ernüchterung Nummer 1: Die Wirkung von Ritalin und Co. ist mässig.
  • Ernüchterung Nummer 2: Die Qualität der untersuchten Studien ist unbefriedigend. Was wiederum die bisherigen Annahmen zur Wirksamkeit von ADHS-Medikamenten ganz grundsätzlich in Frage stellt.

Fazit der Autoren: Obwohl Ritalin seit über 50 Jahren verschrieben wird, gibt es bis heute – wie bei anderen Psychopharmaka auch – keine umfassenden, systematischen und damit wissenschaftlich zuverlässigen Studien über dessen Nutzen und Gefahren.

Dieser Befund erstaunt Oskar Jenni, ADHS-Experte am Kinderspital Zürich nicht: «Das uns Klinikern eigentlich bekannt. Es fehlen tatsächlich methodisch verlässliche Langzeitstudien bei der Therapie von Aufmerksamkeitsstörungen.»

Potenziell hilfreich, aber nicht erste Wahl

Oskar Jenni vermutet, dass Ritalin, Concerta und andere Medikamente mit dem Wirkstoff Methylphenidat in der aktuellen Übersichtsstudie auch deshalb so schwach abgeschnitten haben, weil sie oft als alleinige Therapie eingesetzt werden.

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Die richtige therapeutische Reihenfolge sei eine andere: Zuerst das Umfeld, des Kindes verbessern; allenfalls eine zusätzliche psychotherapeutische Behandlung des Kindes. Und erst dann der Griff zum Rezeptblock und damit zu Ritalin, sagt Entwicklungspädiater Oskar Jenni. Sorgfältig eingesetzt, unter Berücksichtigung der Vorteile und Risiken, könne es aber sehr hilfreich sein.

Auch die Autoren der aktuellen Studie warnen Patienten und deren Eltern davor, ADHS-Medikamente abzusetzen, wenn diese bisher gut gewirkt haben. Sie warnen aber auch die Ärzte, Kindern zu schnell Ritalin zu verschreiben.

Und letzteres sei in der Schweiz bestimmt der Fall, meint Oskar Jenni. Denn die Schweiz gehört zu den Spitzenreitern beim Ritalin-Verbrauch – zumindest gemäss Schätzungen. Denn auch hier fehlt es bisher an genauen Daten.

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