Mit Ihrer E-Mail vom 15. Februar 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Puls» (Fernsehen SRF) vom 5. Februar 2018 und dort den Beitrag «Legionellen – Der schwierige Kampf gegen die heimtückischen Keime». Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
«Soeben habe ich mir die Sendung ‹Hallo Puls› vom 5 Februar 2018 zu Gemüte geführt. Darin war ein Teil über Legionellen enthalten. Ich selbst befasse mich seit längerem mit dem Thema und bin über die einseitige Beleuchtung und eher schlechte Recherche des Themas etwas erstaunt bzw. verärgert.
So ist z.B. die empfohlene wöchentliche Legionellenschaltung, die dann meistens in der Nacht durchgeführt wird insofern unwirksam, als dass nicht das gesamte System von den 60 °C erfasst wird. Legionellen sitzen häufig in den Ausstossleitungen. Findet zum Zeitpunkt der Temperaturerhöhung keine Zapfung statt, ist so gut wie keine Wirkung zu erwarten. Auch nicht genannt wurde die Problematik von Stagnations- oder Totleitungen, die Legionellenherde beinhalten können (typischerweise ein Lavabo im Keller mit Warmwasseranschluss). Ebenfalls nicht beleuchtet wurde die Tatsache, dass Duschschläuche und Duschköpfe auf Grund der Weichmacher ideale Nährböden für Legionellen darstellen und diese regelmässig gereinigt und ab und zu ausgetauscht werden sollten.
Ausserdem hätte auch eine Aussage des Berichtes sein können, dass der ältere Herr trotz seiner Immunschwäche (Risikogruppe) und einer sehr hohen Legionellen-Kontamination NICHT an einer Legionellose erkrankt ist. Die Ansteckungsgefahr aus dem Warmwasser ist wohl nicht so problematisch wie oft propagiert. Das Phänomen nennt sich auch Dosis-Wirkungs Paradoxon. Dieses trifft in der Regel bei stark humanpathogenen Keimen zu. Auch spannend wäre ein Vergleich der Anzahl Lungenzündungen /Tote auf Grund von Legionellen im Vergleich zur Anzahl Grippetoten pro Jahr gewesen. Dass hätte die Gefahr welche von Legionellen ausgeht stark relativiert.
Auch nicht erwähnt wurde, dass Männer doppelt so oft an einer Legionellose erkranken, regional stark unterschiedliche Infektionsraten bestehen und dass die Erkrankungen periodisch (meist Juli-Oktober) auftreten. All dies sind Indizien, dass andere Infektionsquellen (z.B. Gartenerde, Kühltürme ,… ) als Infektionsquellen möglicherweise weitaus problematischer sind als das Warmwasser. Auch weitere mögliche Ursachen für den Anstieg der steigenden Fallzahlen wie z.B. eine Verbesserte Meldedisziplin oder die steigende Zahl an Arztbesuchen wird nicht beleuchtet.
Als Schlussfolgerung kann ich sagen, dass ich die Aussage aus der Sendung als ‹Angstmacherei› empfinde die zudem noch schlecht recherchiert ist (wobei ich zugeben muss, dass in diesem Themenbereich auch viele Fragen noch offen sind). Ich wünschte mir eine ausführlichere und vollumfassendere Berichterstattung. Die Quellen der oben genannten Informationen und passenden Ansprechpersonen kann ich Ihnen zum Zweck einer neuen Sendung gerne zukommen lassen.»
B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die Sendung «Puls» antwortete deren Redaktionsleiter, Herr Gerald Tippelmann :
«In Zusammenhang mit der Puls-Berichterstattung über die aktuelle Gefährdung durch Legionellen in der Schweiz beanstandet der Beschwerdeführer irreführende, unvollständige und fehlende Sachinformationen und zudem habe Puls mit der Berichterstattung zur Angstmacherei beigetragen.
Anlass für den Beitrag waren Presseschlagzeilen der Vorwoche, nach denen die Legionellenausbreitung dem Bund ausser Kontrolle geraten sei. Die Stossrichtung des Beitrages war demzufolge die Frage, wer in welcher Form für das Legionella-Monitoring zuständig ist und wie diese Kontrolle ausgeübt wird. Nachdem es seit Mai 2017 dazu im öffentlichen Bereich verbindliche Höchstwerte gibt, stellt sich auch die Frage, wie es im privaten Bereich um die Ausbreitung der Legionellen steht, damit verbunden selbstverständlich auch, ob ich zu Hause etwas gegen solche Keime unternehmen kann.
Unser Ergebnis im Beitrag: Es ist illusorisch zu glauben, dass eine stichprobenartige Kontrolle der gesetzlichen Vorgaben im öffentlichen Trink- und Badewasserbereich eine wirksame Eindämmung dieser Keime bewirken kann. Im Privathaushalt ist man mit diesem Problem weitgehend allein gelassen und kann vor allem über Verdachtsmeldungen, Regelung der Brauchwassertemperatur und Vermeiden stehender Wasserreservoirs Einfluss nehmen.
In all diesen Fragen gibt es eine Vielzahl ins Detail gehender Fakten, die wert wären, beleuchtet zu werden. Aber bei einer Länge von 4’40’’ und anschliessendem Studiogespräch mit Puls-Arzt Thomas Kissling (1’30’’) müssen wir uns im Detail beschränken. Auch die Tatsache, dass der Protagonist trotz erheblicher Legionellenbelastung keine nachgewiesene Legionellose entwickelt hat, zeigt für mich, dass ein Alarmismus in dieser Frage fehl am Platz ist und ich kann nicht erkennen, wo wir hier Angstmacherei betrieben hätten. Wir haben zu einer aktuell publizierten und diskutierten Frage einen Hintergrund beleuchtet und in Beziehung zur persönlichen Lebensstuation unserer Zuschauer gebracht.
Ich habe Verständnis dafür, dass ein an diesem Gebiet speziell informierter und interessierter Zuschauer mehr und in Teilen andere Informationen erwartet. Es gab vorher und wird auch in Zukunft Beiträge geben, die sich mit anderem Fokus der Diagnose, Behandlung und/oder Eradikation dieser Problemkeime befassen. Eine ‹vollumfassende und ausführliche› Berichterstattung war in diesem Fall nicht das Ziel.»
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung . Es ist offensichtlich, dass Sie sich auskennen und dass Sie deshalb viel mehr Details von dieser Sendung erwartet haben. Nur: Journalismus muss immer auswählen , das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen, die entscheidenden Fragen stellen und beantworten. Und was waren in diesem Fall die entscheidenden Fragen? Diese: Wie kann man sich privat gegen Legionellen schützen? Was macht der Staat? Ist der Gesetzgeber gefordert? Wie kann man eine Legionellen-verursachte Lungenentzündung von einer andern unterscheiden? Diese Fragen wurden in der Sendung gestellt. Dass die Antworten nicht unbedingt befriedigend ausfielen, lag nicht an der Sendung, sondern an der Situation. «Puls» hat auf ein Thema aufmerksam gemacht, ohne eine Panikstimmung zu entfachen. Die Sendung hat gezeigt, dass ein gewisser Handlungsbedarf besteht - sowohl auf Behördenseite als auch von Seiten der Einzelnen. Aber eine Fernsehsendung ist keine Dissertation und auch kein Universal-Lexikon . Sie kann nicht sämtliche Details ausbreiten, schon gar nicht in wenigen Minuten.
Ich kann daher Ihre Beanstandung nicht unterstützen , schlage Ihnen aber vor, dass Sie Ihre Links, Ihre Quellen und die Liste mit möglichen Ansprechpersonen Herrn Tippelmann für künftige Sendungen zustellen. Damit würden Sie sich verdient machen .
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Roger Blum, Ombudsmann