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Sport bei Hitze «Warnsignale beim Training zu ignorieren, kann gefährlich sein»

Schwitzen, schwitzen, schwitzen: Sport ist gesund, aber hohe Temperaturen können dem Körper arg zu schaffen machen. Ab wann wirds gefährlich? Antworten vom Sportmediziner.

Sport ist gesund und eigentlich sollten wir es mehr tun. Denn jede vierte Person bewegt sich gemäss der Befragung Sport Schweiz 2020 zu wenig.

Doch wie trainieren wir bei hohen Temperaturen und Sonnenschein ohne negative Folgen für die Gesundheit? Tipps und Tricks vom Sportmediziner und Chefarzt Johannes Scherr.

Johannes Scherr

Facharzt für Innere Medizin, Sport- und Ernährungsmedizin

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Johannes Scherr hat unter anderem dreimal die deutsche Delegation als Teamarzt an olympische Winterspiele begleitet. Der Chefarzt leitet das Zentrum für Prävention und Sportmedizin der Universitätsklink Balgrist im Kanton Zürich.


SRF Wissen: Was sind die grössten Fehler, die Menschen beim Sport in der Hitze machen?

Johannes Scherr: Wer sein Training bei solchen Temperaturen nicht anpasst, macht definitiv etwas falsch. Bei über 30 Grad sollte man eine zehn Kilometer lange Strecke nicht gleich schnell laufen wie im Frühling bei 15 Grad.

Oft wird aber an der Trainingsintensität festgehalten, weil man das Gefühl hat, nur wer hart trainiert, erziele den gewünschten Effekt. Das stimmt nicht! Ich empfehle, sich an dieser groben Faustregel zu orientieren: Je wärmer es ist, desto moderater trainieren. Sprich die Intensität und Dauer deutlich zu reduzieren.

Ein anderer, häufiger Fehler ist es, bei Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerz oder schneller Atmung einfach weiterzumachen. Das sind deutliche Warnsignale des Körpers. Sie zu ignorieren, kann gefährlich werden.

Warum?

Weil das bis zu Zellschädigungen im Gehirn, zum Koma oder gar zum Tod führen kann. Wer beim Sport nicht mehr weiss, welcher Tag es ist oder sonst desorientiert ist, sollte sofort in den Schatten und dort eine Pause einlegen, den Körper mit Wasser kühlen und trinken.

Was mit dem Körper passiert, wenn es so richtig heiss ist

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Bei hohen Temperaturen und Sonnenschein muss unser Körper hart arbeiten, um seine Temperatur zu halten. Bei Hitze kann so die Körpertemperatur reguliert werden:

  • Übers Schwitzen wird Wärme abgegeben.
  • Der Körper verlangt nach Wasser und Salzen. Sie fühlen sich durstig.
  • Die Nieren produzieren weniger Urin, um Wasser zu sparen.

Wer sich aber zu lange und intensiv draussen bewegt und diese Mechanismen an ihre Grenze stossen, hat dies weitreichende Folgen für die Gesundheit.

Die direkte Sonneneinstrahlung kann lokal nicht nur zu einem Sonnenbrand, sondern auf dem Kopf auch zu einem Sonnenstich führen. Die Hirnhaut oder das Hirngewebe werden gereizt.

In extremen Fällen können Zellen so stark geschädigt werden, dass das Kurzzeitgedächtnis oder die Orientierung zu Ort und Zeit dadurch beeinträchtigt wird.

Darüber hinaus hat Sport bei Hitze auch Auswirkung auf gesamtheitliche Prozesse: So funktioniert der Stoffwechsel nicht mehr optimal, Stresshormone werden freigesetzt. Das Herz kann das Blut nicht mehr richtig durch den Körper pumpen, schlimmstenfalls kann es zu einem Hitzeschlag kommen.

Ab welcher Temperatur wird es gefährlich, Sport zu treiben?

Es gibt keinen fixen Wert, das ist von Person zu Person sehr unterschiedlich. Die Akklimatisation ist ein entscheidender Faktor. Wenn jemand seit Wochen, gar Monaten im heissen Spanien trainiert, kommt diese Person besser mit hohen Temperaturen zugange als jemand, der in Norwegen aufgewachsen ist und dort Sport treibt. Zudem spielt es eine Rolle, wie fit man ist.

Grundsätzlich gilt: Je besser man trainiert ist, desto mehr schwitzt man auch. Und hat eine andere Schweisszusammensetzung. Man verliert zwar viel Flüssigkeit, was die Kühlwirkung verstärkt, aber man schwitzt weniger Salze aus.

Die Gefahr, zu wenig Natrium im Blut zu haben, ist also etwas tiefer als bei weniger fitten Menschen. Bei ihnen treten also schneller Beschwerden wie Übelkeit, Verwirrtheitszustände oder Kopfschmerzen auf.

Sport im Sommer: Die wichtigsten Faustregeln

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Dauer und Intensität anpassen: Weniger lange trainieren und nicht ans Limit gehen. Der Sportarzt rät davon ab, Intervalleinheiten zu absolvieren. Also beispielsweise zehnmal mehrere Minuten lang volle Pulle sprinten.

Tageszeit bewusst wählen: Nicht über den Mittag in der prallen Sonne laufen gehen, besser morgens, wenn es noch kühler ist. Falls man nur mittags Zeit hat, das Training nach drinnen verlegen.

Bei Warnsymptomen sofort aufhören: Bei starkem Durst, Müdigkeit, übermässigem Schwitzen, Schwindel und Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Übelkeit, ungewöhnlich schneller Atmung oder schnellem Puls, dunkelgelbem Urin das Training abbrechen.

Wenn Warnsymptome auftreten, in den Schatten begeben und den Körper, insbesondere den Kopf kühlen. Flüssigkeit mit Natrium zu sich nehmen.

Etliche Studien belegen, dass Hitze älteren Menschen und Kleinkindern besonders stark zusetzt. Raten sie diesen Risikogruppen generell vom Sport ab?

Nein, aber sie sollten nochmals vorsichtiger sein. Ich würde älteren Menschen eher einen Spaziergang durch den Wald als eine Joggingrunde durch die Stadt empfehlen.

Bei älteren Menschen sind die Gefässe weniger elastisch, was zentral ist, um Wärme abzugeben. Häufig haben sie auch ein anderes Durstempfinden und trinken weniger. Dadurch wird das Blut dicker. Venen und Arterien können dadurch verstopfen, was im schlimmsten Fall zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt führt.

Und warum können Kinder Hitze schlechter ausgleichen?

Kinder erzeugen mehr Stoffwechselwärme und schwitzen generell weniger als Erwachsene. Daher können sie weniger Wärme abgeben.

Das Verhältnis von Körperoberfläche und Gewicht muss berücksichtigt werden. Je mehr Hautoberfläche im Verhältnis zum Gewicht ich habe, desto besser. Im Umkehrschluss sind fettleibige Menschen anfälliger auf Hitze.

Das Gespräch führte Nina-Lou Frey.

Tagesschau, 19.07.2022, 19:30 ; 

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