Jede vierte Person in der Schweiz leidet zu bestimmten Tageszeiten unter störendem Mundgeruch, jede 15. sogar Tag und Nacht. Gemäss Studien ist das in Japan (24 Prozent) und in den USA (25 Prozent) nicht anders.
Wie verbreitet Mundgeruch tatsächlich ist, zeigte eine epidemiologische Untersuchung von Schweizer Rekruten im Jahr 2006: Nur 15 Prozent der jungen Männer hatte keinen objektivierbaren Mundgeruch. Bei 27 Prozent der Rekruten war der schlechte Atem schon aus einer Distanz von 30 Zentimetern oder mehr wahrnehmbar.
Selbstkontrolle ist schwierig
Das Hinterhältige ist, dass Betroffene ihren Mundgeruch selber nicht riechen können, weil sich die Nase sehr schnell an den eigenen Körpergeruch gewöhnt. In die Hände zu hauchen und anschliessend an der Atemluft zu riechen, bringt nichts.
Umstritten ist auch der Handgelenkstest , bei dem man den hinteren Teil der Zunge an die Innenseite des Handgelenks drückt und 15 Sekunden später daran schnuppert. Das riecht in jedem Fall unangenehm, weil unsere Haut von Bakterien und Geruchsstoffen besiedelt ist.
Die besten Resultate bringt der Air-bag-Test, bei dem man in einen geruchsneutralen Plastikbeutel ausatmet, dann an die frische Luft geht, dreimal tief durch die Nase ein- und ausatmet, und dann an der Luft im Beutel riecht – gelingt allerdings nur, wenn der Plastikbeutel geruchsneutral ist.
Wer meint, Mundgeruch zu haben, bittet am besten eine Vertrauensperson, den Atem zu verschiedenen Tageszeiten zu beurteilen. Das braucht zwar etwas Überwindung, doch die Rückmeldung ist objektiv.
Mundgeruch kommt fast nie vom Magen
Weit verbreitet ist der Glaube, Mundgeruch komme vom Magen. Doch das trifft nur für ein Prozent der Betroffenen zu. Denn der Magen ist so gut gegen die Speiseröhre abgeschlossen, dass keine Gase nach oben entweichen können. Ebenfalls selten befindet sich die Quelle von Mundgeruch in Hals oder Nase (fünf bis acht Prozent der Fälle).
Weitaus am häufigsten, nämlich in neun von zehn Fällen, liegt die Ursache von Mundgeruch in der Mundhöhle. Zurückzuführen ist er meist auf Parodontitis, also ein entzündetes Zahnbett, auf Zungenbelag oder auf schlecht gepflegte Zähne. Unter diesen Umständen können Mund-Bakterien überhand nehmen, die übelriechende Gase produzieren, wie zum Beispiel Aceton oder flüchtige Schwefelverbindungen. Auch Kadaverin, das in verwesenden Leichen auftritt, oder Buttersäure, die an Erbrochenes erinnert, kann dabei entstehen. Um Mundgeruch zu beseitigen, muss man nach Schlupfwinkeln dieser Bakterien suchen. Deshalb sollten Betroffene zu einem Zahnarzt, der auf Mundgeruchprobleme spezialisiert ist.
Abklärung in der Mundgeruchssprechstunde
Die Zahnkliniken der Universität Basel, Bern und Zürich sowie niedergelassene Zahnärzte bieten spezielle Mundgeruchssprechstunden an. Schon vor der ersten Konsultation können Betroffene mittels eines Fragebogens, den sie zu Hause ausfüllen, Auskunft über ihr Problem geben.
In der Sprechstunde inspiziert der Mundgeruchsspezialist Zähne, Zahnfleisch und Zunge. Er bewertet mit seiner eigenen Nase den Geruch aus verschiedenen Distanzen. Und er misst mit dem Halimeter, wie hoch die Konzentration der flüchtigen Schwefelverbindungen ist. Sofern die Ursache sorgfältig abgeklärt wurde, kann Mundgeruch sehr gut behandelt werden.
Hausmittel beseitigen Ursache nicht
Kräuter wie Petersilie oder Pfefferminze und Gewürze wie Kardamom, Kümmel oder Gewürznelke haben einen dominanten Eigengeruch, der kurzfristig einen schlechten Atem überdecken kann. Auch Mundsprays, Pfefferminzbonbons und Kaugummis zeigen bloss kosmetische Wirkung. Das Mundgeruchproblem lösen sie nicht dauerhaft.
Weiter Gründe für Mundgeruch
Nebst ungenügender Mundhygiene begünstigt ein trockener Mund die Entstehung von Mundgeruch. Stress zum Beispiel vermindert die Speichelproduktion. Ebenso können bestimmte blutdrucksenkende Medikamente, Antidepressiva, Appetitzügler und Arzneimittel gegen Inkontinenz die Produktion von Speichel reduzieren. Kaffee und Rauchen trocknen den Mund aus, auch Schnarchen.
Fastenkuren und die kohlenhydratfreie Atkins-Diät verändern den Stoffwechsel, was zu acetonhaltigem Atem führt. Sogar hormonelle Veränderungen können sich auf den Atem auswirken: So haben Frauen am Tag des Eisprungs vermehrt Mundgeruch, weil dann die Konzentration der flüchtigen Schwefelverbindungen stark zunimmt.