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Übergewicht Ein Schlauch im Darm lässt die Pfunde purzeln

60 Zentimeter lang, fünf Gramm schwer und ein Erfolgsrezept im Kampf gegen Übergewicht und Diabetes: Der «EndoBarrier» im Darm scheint eine vielversprechende neue Methode gegen Adipositas zu sein. Doch ob er auf Dauer hält, was er verspricht, ist noch ungewiss.

Auf den ersten Blick sieht er aus wie ein überdimensionales Kondom: Der 60 Zentimeter lange «EndoBarrier» besteht aus robustem Fluorpolymer – einer Art Kunststoff. An einer Seite des Schlauchs sitzt ein Anker mit einem Durchmesser von 25 bis 50 Millimeter. Er wird ohne grössere Operation über den Mund in den Darmabschnitt direkt nach dem Magenausgang eingesetzt. Dort spreizt sich der Anker auf und hakt sich im Gewebe fest. Ab dort bedeckt der Schlauch 60 Zentimeter des Darms von innen.

Der Clou: Der Nahrungsbrei, der aus dem Magen kommt, kommt nicht mehr mit der Darmwand in Berührung – der Darm hat also weit weniger Möglichkeiten als vorher, die Nahrung zu verwerten, und damit Kalorien aufzunehmen. Und nicht nur das: Als Nebenwirkung des Schlauchs werden auch mehr körpereigene Appetitzügler freigesetzt, die wiederum die Fähigkeit des Körpers zur Blutzuckerkontrolle verbessern.

Erfolgreich, aber noch nicht langjährig erprobt

Nach zwölf Monaten muss der Schlauch wieder raus, denn dann ist seine Zulassungszeit abgelaufen – auch wenn das Material an sich länger durchhielte. Denn es ist bereits vielfach erprobt: Auch Herzklappen bestehen beispielsweise aus Fluorpolymer, und sie bleiben bestenfalls lebenslänglich im Körper. Erst wenn sich erweist, dass der EndoBarrier erfolgreich ist, will die Firma GI-Dynamics eine längere Zulassung beantragen.

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Noch fehlen Langzeitstudien, weil der «EndoBarrier» erst seit kurzem eingesetzt wird – in der Schweiz seit Dezember 2012. Im Rahmen einer Studie mit 30 Patienten waren die Probanden im Schnitt nach zwölf Monaten um 20 Prozent leichter.

Auch der Stoffwechsel verbesserte sich bei sieben von acht Diabetes-Typ-2-Patienten. Denn durch die Barriere, die der Schlauch zwischen Nahrung und Darmwand bildet, ist der Blutzuckerwert besser kontrollierbar: Vor allem die ersten zwanzig bis dreissig Zentimeter Darm – also genau der Abschnitt, den der Schlauch bedeckt – sind ausschlaggebend für Diabetes, denn dort werden die meisten Nahrungsstoffe aufgenommen. Das Ergebnis kann ein starker Abfall der mittleren Blutzuckerwerte sein, aber auch eine Gewichtsabnahme, die das Risiko diabetesbezogener Komplikationen senken kann. Im besten Fall sind dann weniger Diabetesmedikamente erforderlich.

Wann kommt ein «EndoBarrier» in Frage?

  • Ab einem BMI von 30, vor allem bei Patienten, die einen BMI von 30 bis 35 haben und die noch keine bariatrische Operation bekommen haben (die Krankenkasse übernimmt in der Schweiz bariatrische Operationen ab einem BMI von 35).
  • Zur Gewichtsreduktion bei extrem übergewichtigen Patienten, bevor sie operiert werden, um das Risiko der Operation zu reduzieren.
  • Als «metabolische» Therapie um den Diabetes Typ 2 direkt zu behandeln.
  • Als Ersatz für Übergewichtsoperationen, wenn diese versagen.

Für wen eignet er sich nicht?

  • Patienten, die Blutverdünner wie Aspirin oder Schmerzmittel einnehmen – diese erhöhen die Chancen einer Magendarmblutung.
  • Bei Personen mit einer Voroperation am Magen und Duodenum.
  • Patienten mit chronischen Gallenwegserkrankungen, die einen Zugang zur Papille erfordern.

Der Schlauch als Schuhlöffel zur Veränderung

Der «EndoBarrier» ist nur eine kurzzeitige Hilfe: In den zwölf Monaten, die der Schlauch im Darm bleibt, muss der Patient seinen Lebenswandel überdenken, die Ernährung umstellen und beginnen, Sport zu treiben. Andernfalls droht danach der JoJo-Effekt. Zudem ist die Methode kostspielig. Der Schlauch selbst beläuft sich auf 4000 Franken, dazu kommt die Betreuung vor, während und nach dem Eingriff. Schnell kommen da zwischen 10'000 und 12'000 Franken zusammen. Der EndoBarrier ist nicht krankenkassenpflichtig. Im Moment wird getestet, ob Patienten mehrmals EndoBarrier erhalten können und so weiter abnehmen.  

Noch wird der Schlauch nur in einzelnen Zentren eingesetzt: Das Universitätsspital Zürich, insbesondere der Gastroenterologe Christoph Gubler, arbeitet damit. Aber auch das Kantonsspital St. Gallen, Beau-Site Bern und das Zentrum für bariatrische Chirurgie sowie Dr. Andrea Morri in der Privatpraxis in Locarno haben bereits Erfahrungen damit. Das CHUV Lausanne und HCU Genf wollen in naher Zukunft den «EndoBarrier» ebenfalls anbieten.

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