Zwei Krankheiten können in der Schweiz durch Zeckenstiche übertragen werden:
- Die Hirnhautentzündung FSME, gegen die es eine Impfung gibt.
- Die Borreliose, die sich mit Antibiotika behandeln lässt.
Die Borreliose ist gefürchtet, weil sie mit schweren Symptomen auch erst Monate später ausbrechen kann. Schlimmer noch: Nicht erkannt oder unzureichend behandelt, soll die bakterielle Infektion schlimme Langzeitfolgen haben, die sich kaum mehr behandeln lassen.
Kein Beleg für schleichenden Verlauf
Ob es diesen schleichenden Langzeitverlauf tatsächlich gibt, ist schon länger umstritten. Nun bezieht die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in ihrer eben veröffentlichten S3-Leitlinie Neuroborreliose klar Stellung:
«Aktuelle systematische Reviews haben keine wissenschaftliche Grundlage für die Annahme einer persistierenden latenten Infektion durch Borrelia burgdorferi (…) gefunden» , heisst es da. Und: «Ebenfalls haben sich keine Anhaltspunkte für chronische, durch Zeckenstiche übertragene Co-Infektionen bei Patienten mit unspezifischen Symptomen ergeben.»
Sprich: Wer von unspezifischen Symptomen wie dauernder Erschöpfung, Schmerzen in Muskeln und Gelenken, Wahrnehmungsstörungen und Depressionen geplagt wird, bildet sich das nicht ein. Es gibt aber keinen Beleg dafür, dass solche Beschwerden auf unbemerkte Zeckenstiche zurückzuführen sind.
Und es gibt keine Grundlage dafür, ohne eine gesicherte Borreliose-Diagnose Antibiotika einzusetzen.
Unnötige Antibiotikatherapien
Dies deckt sich mit der Erfahrung von Hausarzt Felix Huber. In seiner Praxis sieht er immer wieder Patienten, die über Langzeitbeschwerden durch Zecken klagen.
Bei vielen sei die Diagnose aber falsch oder vorschnell gestellt worden. Nur bei wenigen liege wirklich eine Neuroborreliose vor. «Da werden immer noch unsinnig lange Therapien gemacht und unnötig Antibiotika eingesetzt.»
Weitere Informationen
Vom Glauben an die Erkrankung lassen sich Betroffene allerdings oft nur schwer abbringen. Daran ändert auch die Tatsache wenig, dass das Risiko einer Borreliose-Infektion weit weniger hoch ist, als viele denken.
«Rund 20 bis 30 Prozent der Zecken tragen Borrelien-Bakterien in sich», erklärt Zecken-Spezialist Werner Tischhauser von der ZHAW Wädenswil. «Bei zehn Prozent kommt es zu einer Übertragung, wobei es auch eine gewisse Zeit braucht, bis sich die Bakterien im Organismus einnisten.»
Am Ende sind es zwei bis drei von 100 Zeckenstichen, die tatsächlich zu einer Borreliose führen. Und die lässt sich im Frühstadium mit den richtigen Antibiotika vollständig und ohne Spätfolgen heilen.