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Vernebelte Wissenschaft Wie seriös sind Studien der Tabak-Industrie?

Harmloser Dampf statt giftiger Rauch: Hersteller wollen ihre «gesunde» Zigaretten-Alternative anpreisen – dabei hilft ihnen ein dubioser Wissenschaftsverlag.

Der Trend unter den Rauchern: Nikotin zu konsumieren, ohne die Giftstoffe der Verbrennung zu inhalieren. Passend dazu hat der amerikanische Zigaretten-Hersteller Philip Morris ein neues Tabak-Produkt auf den Markt gebracht: IQOS.

Weil es Tabak nicht verbrennt, sondern lediglich erhitzt, preist der Hersteller IQOS als möglicherweise weniger schädlich an. Das sei nicht nur Werbeslogan – der Zigaretten-Multi beruft sich auf verschiedene wissenschaftliche Studien.

Wissenschaftliche Beweise à la carte

Woher kommen die wissenschaftlichen Argumente von Philip Morris? Von ihren eigenen oder in Auftrag gegebenen Studien. Die Krux: Involviert ist auch ein Verlag, der letzten Winter für viel Aufruhr sorgte: der Verlag OMICS.

Der angebliche Wissenschaftsverlag veröffentlichte gegen eine hohe Gebühr so ziemlich alles – sowohl seriöse Studien, wie auch reine Fantasietexte. Diese Texte wurden nicht wissenschaftlich überprüft, obwohl der Verlag dies garantierte.

Unabhängig vom Inhalt erhielten dadurch beliebige Artikel das Qualitätssiegel «wissenschaftliche Studie». Die OMICS-Zeitschriften gelten darum als sogenannte «Predatory Journals», Raub-Zeitschriften.

Gegen diesen Verlag ging die US-amerikanische Handelskommission vor und stoppte vorerst das Geschäft des dubiosen Wissenschaftsverlags.

Forscher-Konferenz oder Schwachsinns-Veranstaltung?

Derselbe, in Verruf geratene Verlag organisierte auch wissenschaftliche Konferenzen. Katrin Langhans, eine deutsche Journalistin, recherchierte intensiv zu OMICS. Sie beschreibt die Anlässe als «absurd».

Das Programm sei jeweils komplett willkürlich: Anfangs stelle ein Forscher «Mountain Tea» vor, später würde ein anderer mathematische Formeln besprechen und zum Schluss präsentiere ein weiterer Wissenschaftler eine neue Linguistik-Theorie.

«Keiner der Forscher versteht das Fachgebiet der anderen und so merken die Wissenschaftler zunehmends: ‹Oh Gott! Ich bin hier bei einer kompletten Schwachsinns-Veranstaltung gelandet›», so Katrin Langhans.

Wie ihre Recherchen ergeben haben, waren auch Forschende von Philip Morris an einer Reihe von solchen Konferenzen. Manuel Peitsch, wissenschaftlicher Leiter von Philip Morris, erhielt keine auffälligen Rückmeldungen: «Meinen Mitarbeitern ist an diesen Konferenzen nichts Aussergewöhnliches aufgefallen. Die Themen, die wir vorgestellt haben, sind in guten Zeitschriften und nicht im OMICS-Verlag veröffentlicht.»

Nikotin dampfen, nicht rauchen

Philip Morris präsentierte auf diesen Konferenzen unter anderem die firmeneigenen Studien zum neuen Tabakprodukt IQOS: ein Röhrchen, in dem Tabak-Stäbchen auf etwa 350 Grad erhitzt werden.

E-Zigaretten und reguläre Zigis
Legende: Herkömmliche Zigaretten versus neue Alternativen: IQOS verbrennt Tabak nicht und soll deshalb keinen toxischen Rauch produzieren. Reuters / Carlo Allegri Illustration

Wichtigster Befund dazu aus den Philip-Morris-Laboren: Rauch setze das Gerät gar keinen frei, lediglich eine Dampfwolke. Im Vergleich mit einer herkömmlichen Zigarette soll IQOS nur noch knapp 10 Prozent der Giftstoffe freisetzen, so der Tabakkonzern.

Risiko dennoch hoch

Für Michael Anderegg vom Bundesamt für Gesundheit greift diese Argumentation zu kurz. «Auch wenn es nur die Hälfte der Schadstoffe sind, heisst das nicht, dass sich das Risiko halbiert. Zum Beispiel Leute, die selten rauchen, haben trotzdem ein hohes Risiko für Schäden an den Blutgefässen.»

Das BAG möchte darum IQOS unter das Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen stellen. Das Parlament soll darüber voraussichtlich 2020 entscheiden, unter anderem basierend auf den wissenschaftlichen Studien zu IQOS.

Ende letzten Jahres traten ehemalige Mitarbeitende von Philip Morris an die Öffentlichkeit und machten klar: Die wissenschaftliche Qualität und die Unabhängigkeit dieser Studien müsse ernsthaft angezweifelt werden.

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