- Nelson, Betroffener: «Seit meiner Kindheit will ich gelähmt sein. Eigentlich hätte es die Kinderlähmung sein sollen, doch die kriegt man entweder als Kind oder gar nicht. Der Entscheid, das linke Bein zu amputieren, hat auch praktische Gründe: So kann ich weiterhin problemlos meinen Automaten fahren.» Der 50-jährige Nelson ist verheiratet, Vater eines Sohnes und arbeitet auf einer deutschen Bundesbehörde. Er leidet nicht mehr unter BIID, denn er hat sich seinen Wunsch erfüllt: Er hat sich vor vier Jahren das linke Bein amputieren lassen. Nicht, indem er sich unter die Strassenbahn gelegt oder ins Bein geschossen hätte, wie dies andere Betroffene tun. Er hat viel Geld bezahlt, um im Ausland einen Unfall vorzutäuschen und sich einer Operation zu unterziehen. Jetzt ist er glücklich.
Ganjin, Betroffene: «Mein Augenlicht ist in manchen Situationen praktisch, aber nicht notwendig für mich. Blind zu sein ist mehr eine Notwendigkeit als ein Wunsch. Ich wünsche mir zu Weihnachten ein schönes Foulard oder ein sinnliches Parfum. Diese Wünsche kann ich mir auch selber erfüllen. Aber mein Leben blind zu bestreiten, dazu gehört viel mehr.»
Ganjin ist um die 40, verheiratet und selbstständig erwerbend. Sie ist eine gesunde, witzige und wortgewandte Frau. Aber sie ist nicht zufrieden damit: Sie will blind sein.
- Peter Brugger, Neuropsychologe am Universitätsspital Zürich, dachte «der spinnt!», als er zum ersten Mal von einer Person gehört hat, die ein gesundes Bein amputieren wollte. «Wir haben aber in verschiedenen Studien herausgefunden, dass bei Personen mit einem Amputationswunsch die Stelle im Gehirn, die das betroffene Bein bedient, dünner ist als bei Vergleichspersonen», so der Neuropsychologe. «Ob die veränderte Stelle jedoch der Grund für den Amputationswunsch ist oder ob der Amputationswunsch die Stelle im Gehirn dünner gemacht hat, wissen wir noch nicht.»
- Matthias Bodmer, Jurist, hat seine Masterarbeit über die rechtliche Situation von BIID-Betroffenen geschrieben. Für ihn ist klar: «Kein Arzt in der Schweiz würde einem BIID-Betroffenen zum Beispiel ein gesundes Bein amputieren. Nicht nur, weil er sich strafbar machen kann, sondern auch, weil seine Klinik dann von weiteren Betroffenen überrannt würde.»