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Gesundheit Wer Ebola überlebt, stirbt den sozialen Tod

Überleben und trotzdem sterben: Ebola verläuft meist tödlich. Nur die wenigsten kommen davon. Dies ist auch in Westafrika, dem Ort der jüngsten Ebola-Epidemie, nicht anders. Die Überlebenden haben zwar die Krankheit überstanden, doch nun sterben sie den sozialen Tod.

Das Ebola-Virus tötet praktisch immer und dies schnell. Das gilt ganz besonders für den gegenwärtig in Westafrika grassierenden Virenstamm, der bis zu 90 Prozent der Infizierten tötet. Seit dem Ausbruch Ende März sind in Guinea und Liberia 150 Menschen nachweislich an Ebola gestorben. Unterdessen scheint die Epidemie zwar unter Kontrolle zu sein. Doch die Furcht der Menschen vor einer Ansteckung ist in den Epidemie-Gebieten nach wie vor gross.

Wer überlebt, wird ausgegrenzt

Das bekommen die wenigen Überlebenden ganz besonders zu spüren. Gemäss der Nichtregierungsorganisation «Médecins sans Frontières» (MSF) haben in Guinea etwa 30 Personen die Infektion mit dem Ebola-Erreger überstanden. Sie versuchen, sich und ihr Schicksal im Hintergrund zu halten. Denn wird ihre Geschichte bekannt, drohen ihnen und ihren Familien Ausgrenzung, Angriffe und Vertreibung.

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Ebola und seine gesundheitlichen und sozialen Folgen
aus Kultur kompakt vom 28.04.2014.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 11 Sekunden.

Die Stigmatisierung sei schlimmer als das Ebola-Fieber, sagte diese Woche gegenüber der Agentur AP ein einheimischer Arzt, der zwar geheilt ist, aber anonym bleiben möchte. In der Nachbarschaft leerten sich die Plätze, wenn er auftauche; niemand wolle ihm die Hand schütteln oder mit ihm essen. Selbst in der eigenen Familie werde er angefeindet.

Mit der Angst vor Ansteckung verbundene Aggressionen machten selbst vor den Mitarbeitenden von MSF nicht Halt. Die Hilfsorganisation leistet den Hauptteil der Betreuung Schwerkranker und sucht systematisch nach neuen Fällen. Doch musste MSF die Arbeit in Macenta, einer Stadt südöstlich von Guineas Hauptstadt Conakry, zeitweise aus Sicherheitsgründen unterbrechen. Die lokale Bevölkerung hatte Häuser und Fahrzeuge mit Steinen beworfen, weil sie glaubten, MSF habe die die Krankheit nach Guinea gebracht.

Grosse Angst vor Ansteckung

Kommt Ebola nach Europa?

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So heftig der Ausbruch einer Ebola-Epidemie ist, so schnell fällt der Ausbruch auch wieder in sich zusammen: Einmal erkrankt, sind Betroffene nicht mehr im Stande, weit zu reisen und das Virus in einem grösseren Radius zu verteilen. Deshalb hat Ebola auch noch nie den Weg aus Afrika hinaus gefunden.

Die Angst lässt sich durch die grosse Gefährlichkeit des Ebola-Virus erklären und auch durch das Auftreten des Gesundheitspersonals. Wer mit Kranken in Kontakt ist, muss eine spezielle Schutzkleidung tragen. In Ganzkörperanzüge gehüllt, das Gesicht hinter Schutzmasken verborgen, sehen Ärztinnen und Pflegende tatsächlich furchteinflössend aus.

Internationale Gesundheitsorganisationen investieren deshalb in die Aufklärung. Die Ärztinnen und Ärzte von MSF versuchen demonstrativ Vorbild zu sein. Patienten, die gesund entlassen werden können, werden bis vor die Klinik begleitet. Hier schüttelt ihnen das Gesundheitspersonal demonstrativ die Hand. In Guinea erhalten die Patienten zudem ein Zertifikat vom Gesundheitsministerium. Diese bescheinigt ihnen, dass sie nicht mehr ansteckend sind.

Qualvoller Krankheitsverlauf

Das Ebola-Virus kann nur bei direktem Kontakt mit Körperflüssigkeiten Erkrankter übertragen werden. Die Natur des für den Menschen überaus gefährlichen und erst seit 1976 bekannten Virus ist in grossen Teilen unverstanden. Die Erkrankung verläuft qualvoll. Fieber ist das erste und ein unspezifisches Symptom. Das ist auch der Grund, warum sich zu Beginn eines Ausbruchs jeweils viele Menschen anstecken.

Im späteren Verlauf der Krankheit sind Schmerzen sowie innere Blutungen und Bluten der Schleimhäute typisch. Als Sekundärfolge können Patienten auch an einer Überreaktion ihres Immunsystems sterben. Es gibt weder eine Impfung noch eine spezifische Therapie gegen Ebola. Man versucht ganz einfach, den Patienten mit intensiver Flüssigkeitszufuhr so lange als möglich am Leben zu erhalten. In der Hoffnung, dass sein Körper Antikörper gegen das Virus entwickelt.

Virus bremst sich selber aus

Doch seine Gefährlichkeit wird nicht nur dem Menschen zum Verhängnis, sondern auch dem Virus selbst. Denn es vermehrt sich im Menschen derart explosionsartig, dass sein Wirt – in diesem Fall der menschliche Körper – schnell unter der Virenlast zusammenbricht und stirbt.

Das Virus entzieht sich also selber ständig die Grundlage und ist damit Opfer seines eigenen Erfolgs. Das gilt ganz besonders für den extrem aggressiven Zaïre-Virenstamm, wie er nun in einer Variante auch in Westafrika aufgetreten ist.

Nachdem das Virus unter den Menschen gewütet hat, zieht es sich jeweils wieder dahin zurück, wo es eigentlich zu Hause ist: in den Busch. Dort befällt es Flughunde, aber auch Affen und andere Wildtiere, die gegen das Virus immun und daher ein verlässliches tierisches Reservoir sind. Das Virus hält oft jahrelang still, bis es wieder auf Menschen übergeht. Auf Menschen, die von Flughunden gebissen werden oder in der Nähe von Wäldern leben und sich unter anderem von Wildtier-Fleisch, sogenanntem Bushmeat, ernähren.

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