In einem Hotel in Genf wird jedes Jahr über die Gesundheit von Millionen Menschen entschieden. Die renommiertesten Grippe-Experten aus aller Welt sind hier Ende Februar versammelt, eingeladen von der Welt-Gesundheitsorganisation WHO.
Ihr Ziel: Die Zusammensetzung des nächsten Grippe-Impfstoffs festzulegen.
Denn Grippeviren sind wandlungsfähig und verändern sich laufend. Deshalb stellt sich jedoch Jahr wieder die Frage: Wie werden sie im nächsten Winter aussehen und welche Viren werden am häufigsten sein?
Das Kommando hat die Australierin Jackie Katz, Grippe-Expertin beim staatlichen Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention der USA, CDC. Ihre Mission: Die Zukunft voraussagen. Dazu benutzt sie keine Kristallkugel, sondern tonnenweise Zahlen und Grafiken zu tausenden untersuchten Viren.
Qual der Wahl zwischen tausenden Virenstämmen
Für gerade einmal vier Virenstämme müssen sich die Experten entscheiden: Der Druck ist gross. Liegen sie daneben, wird der Impfstoff wirkungslos sein – was tausenden Menschen das Leben kosten würde.
Drei Tage später ist das Resultat spruchreif. Der Saal ist gefüllt mit Vertretern von Impfstoff-Herstellern. Sämtliche wichtige Produzenten haben ihre Delegationen entsandt um live bei der Ankündigung dabei zu sein. Alle wollen den Entscheid in Echtzeit mitverfolgen – damit ihre Teams unverzüglich mit der Arbeit beginnen zu können.
Eier in Hülle und Fülle
Für die Produktion werden weltweit 500 Millionen Eier benötigt – allerdings nicht die Bauernhof-Variante. Zwar experimentieren Forscher für die Herstellung des Wirkstoffs seit einiger Zeit mit Zellkulturen, noch aber sind Eier aus der Impfstoff-Produktion nicht wegzudenken. Pro Ei wird eine Impfdosis herangezüchtet. Diese Eier stammen aus speziellen Farmen unter kontrollierten Bedingungen.
WHO-Experten beraten zweimal im Jahr, welche Varianten der Grippeviren voraussichtlich in der kommenden Saison zu erwarten sind. Sie empfehlen dann die Zusammensetzung des Impfstoffs. Die zur Herstellung nötigen Viren werden in ausgewählten Labors hergestellt und an die verschiedenen Impfstofffabriken verschickt.
In den Fabriken werden die Virenpartikel in das Eiweiss von Bruteiern injiziert. Sie reifen dort über zehn bis elf Tage zu Milliarden Kopien des Virus heran. Dann wird das Eiweiss abgesogen. Die Viruspartikel werden durch Hitze oder Chemikalienzusätze deaktiviert, um daraus dann harmlosen, aber effektiven Impfstoff herzustellen.