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«Wie Wellengang auf Skiern»

Übelkeit und Schwindel beim Skifahren im Nebel – ein weit verbreitetes Phänomen, das einen Namen hat: Skikrankheit. Was ein Berner Hals-Nasen-Ohren-Arzt vor 20 Jahren als Erster wissenschaftlich publiziert hat, ist nichts anderes als eine Form von Reisekrankheit.

Es war ein nebliger Tag vor etwa 20 Jahren als Rudolf Häusler, emeritierter Hals-Nasen-Ohren-Arzt am Inselspital Bern, mit seiner Frau und Freunden Ski fahren war. Der Nebel war dicht. Die Sicht war schlecht. Rudolf Häusler stand am Pistenrand und wartete auf die anderen, als er plötzlich das Gefühl hatte, er würde rückwärtsfahren.

«Ich wollte korrigieren und bin umgefallen. Im gleichen Augenblick habe ich realisiert, dass ich mich gar nicht bewegt hatte, sondern einfach nur blöd umgefallen bin.» Bei der Weiterfahrt wurde ihm zudem schlecht. «Das ist fast wie seekrank», dachte der passionierte Segler bei sich, «aber eigentlich bin ich nicht see-, sondern skikrank.» So entstand der Begriff Skikrankheit, den zwar viele Menschen nicht kennen, aber sehr wohl das, was dahinter steckt.

Wenn die Sicht auf der Piste schlecht ist, wird vielen Skifahrern schlecht. Man verliert die Orientierung, weiss nicht mehr, wo der Berg und wo das Tal ist, man denkt man fährt, obwohl man still steht. Die Folge: Es wird einem schlecht und schwindlig. Nicht wenige müssen sich sogar übergeben.

Reisekrankheit auf Skiern

Für Rudolf Häusler war schnell klar, dass dieses Phänomen eine Untergruppe der Reisekrankheit sein muss.

Warum unser Körper oft mit Übelkeit und Erbrechen beim Skifahren im Nebel reagiert, hat folgenden Grund: Die drei Informationsquellen, die uns helfen, die Orientierung im Raum zu, bekommen Informationen, die nicht zusammenpassen.

  • Muskeln und Gelenke melden, wie sich die Körperteile bewegen.
  • Die Augen unterscheiden zwischen oben, unten, links und rechts und schätzen Distanzen.
  • Das Gleichgewichtsorgan mit den drei Bogengängen im Innenohr meldet, wie sich der Kopf bewegt.

Der Hirnstamm schliesslich verarbeitet diese Informationen. Widersprechen sich die drei Quellen, ist unser Hirn überfordert. Beispielsweise beim Zugfahren während einer Kurve: Augen und Gesässmuskulatur melden dem Gehirn, dass wir sitzen, also still sind. Unser Gleichgewichtsorgan aber meldet, dass wir uns bewegen (der Kopf schaukelt in der Kurve ja mit). Das Resultat ist eine Art Überforderung des Hirns. Auf die abweichenden Informationen der drei Quellen reagiert unser Körper ähnlich wie bei einer Vergiftung: mit Übelkeit, Schwindel und Erbrechen, bis er sich wieder eingependelt und an die Situation gewöhnt hat.

Ähnlich verhält es sich mit der Skikrankheit. Die Augen melden wegen der schlechten Sicht im Nebel keine Bewegung, die Muskeln und Gelenke und das Gleichgewichtsorgan hingegen schon – allerdings sind auch diese Informationen verfälscht, da die Füsse in dicken Skischuhen stecken und auf Skiern gleiten.

Vorsicht: Medikamente machen müde!

Wer schon seekrank war, hat vielleicht schon erlebt, dass der Körper sich mit der Zeit an den Wellengang gewöhnt. Auch bei der Skikrankheit wäre das im Prinzip möglich – wenn man ein paar Tage lang 24 Stunden auf den Skiern steht.

Einfacher ist sicher der Griff zur Reisetablette. Allerdings ist hier Vorsicht geboten, denn die meisten Medikamente gegen Reisekrankheit machen sehr müde. Keine wünschenswerte Nebenwirkung auf der Skipiste. Am sichersten ist es daher, sich einfach damit abzufinden, ein Schön-Wetter-Skifahrer zu sein und die Skier bei Nebel im Skiraum stehen zu lassen.

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